Mit der sogenannten «Anti-Chaoten-Initiative» der Jungen SVP droht eine Einschränkung unserer verfassungsmässig garantierten Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit, denn Teilnehmende müssten bei einer Annahme der Initiative in Zukunft mit hohen Kosten und willkürlichen Kollektivstrafen rechnen. Es bestehen zwar grosse Fragezeichen bezüglich der Umsetzbarkeit der Initiative – weshalb der Kantonsrat auch einen Gegenvorschlag verabschiedet hat –, doch das macht sie nicht weniger gefährlich.
Kriminalisierung von Aktivismus
Die «Anti-Chaoten-Initiative» ist als allgemeine Anregung verfasst und möchte im Prinzip vier neue Regelungen erlassen: 1. Für Demonstrationen soll in Zukunft im gesamten Kanton eine Bewilligungspflicht herrschen. Das läuft dem Vorhaben der linken Stadt Zürich, eine Melde- statt eine Bewilligungspflicht einzuführen, selbstverständlich diametral entgegen. 2. Den Veranstalter:innen und Teilnehmer:innen von unbewilligten Demonstrationen sollen nicht nur die Kosten von Sachbeschädigungen auferlegt werden, sondern auch jene für mit der Demonstration zusammenhängenden Polizeieinsätze. So drohen hohe Strafen für friedliche Demonstrant:innen, ganz zu schweigen davon, dass Veranstalter:innen von unbewilligten Demonstrationen nur sehr schwer auszumachen sein dürften. 3. Auch Personen, die bewilligte Demonstrationen stören, sollen in Zukunft für daraus entstehende Kosten und die Kosten allfälliger Polizeieinsätze zur Kasse gebeten werden. 4. Hausbesetzer:innen sollen die Kosten für Polizeieinsätze bei Räumungen tragen.
Im Prinzip stellt diese Initiative einen Versuch dar, Aktivismus zu kriminalisieren, denn ein solches Gesetz könnte zu einem sogenannen «Chilling effect» führen: Die allgemeine Bevölkerung würde aufgrund der drohenden Kosten und Strafen von der Ausübung ihrer Grundrechte abgehalten.
Umsetzbarkeit ist fragwürdig
Es herrschen also grosse Zweifel, wie die Initiative umgesetzt werden könnte, ohne gegen übergeordnetes Recht zu verstossen. Bereits im geltenden Recht hat die Polizei die Möglichkeit, Polizeieinsätze zu verrechnen, sofern diese vorsätzlich ausgelöst werden. Sie macht dies aber zu Recht nur in relativ seltenen Fällen, gehört die Wahrung der Sicherheit auch während Demonstrationen doch zu ihrem Grundauftrag und sollte daher solidarisch über Steuereinnahmen finanziert werden. Der Regierungsrat hat darum einen abgeschwächten Gegenvorschlag formuliert, der die Verrechnung von Kosten für ausserordentliche Polizeieinsätze zwar auch vorsieht, aber unter Berücksichtigung des übergeordneten Rechts insbesondere der Grundrechte. Ausser dass auch der Gegenvorschlag eine Bewilligungspflicht vorsieht, wäre er zwar gangbarer, aber er birgt ein anderes, weitreichendes Risiko: Eine tatsächliche kollektive Verrechnung der Kosten von Polizeieinsätzen wäre wohl auch weiterhin nur in seltenen Fällen möglich und die Kosten für den dafür notwendigen bürokratischen Aufwand, geschweige denn für die Gerichtskosten bei Einsprachen, wären wohl um ein x-faches höher. Und wie bei der Ausschaffungsinitiative der SVP wäre auch hier wieder ein Gesetz geschaffen, dessen reale Umsetzung weit entfernt wäre von den Vorstellungen der Initiant:innen, welche dann wieder ihr Lied singen können von der den Volkswilllen missachtenden Regierung, und dadurch ihre demokratiefeindlichen Diskurse weiter beackern. Deshalb: Nein zur Anti-Demokratie-Initiative der Jungen SVP und Nein zum anbiedernden Gegenvorschlag des Regierungsrats!