In den letzten fünf Jahren konnte ich im Sicherheitsdepartement Akzente setzen. Ich habe dafür gesorgt, dass keine neuen Videokameras auf öffentlichem Grund installiert und die Hausbesuche bei erleichterten Einbürgerungen stark reduziert wurden. Die Prostitutionsgewerbeverordnung habe ich liberalisiert, die Dialogforen zu Fussball, Prostitution und Rassismus gestärkt und ausgebaut, den Runden Tisch zum Nachtleben habe ich frisch ins Leben gerufen. Ich sorge dafür, dass in einem gesellschaftspolitisch wichtigen Departement den Werten der AL Beachtung verschafft wird.
Grundrechte, Respekt, Toleranz
Ich habe entschieden, dass Koran-Verteilaktionen nicht von vornherein zu verbieten sind, sondern Gesuche einzeln geprüft werden müssen. Grundrechte auf der einen, öffentliche Sicherheit auf der anderen Seite stehen hier in einem Spannungsfeld, das genau analysiert werden muss. Ich kann mich im Sicherheitsdepartement für Grundrechte engagieren, kann gegenseitigen Respekt, Toleranz und Rücksicht als Handlungsrichtlinien setzen und verfolgen. Hier will ich dranbleiben und mittel- und längerfristige Entwicklungen beeinflussen. Nutzungskonflikte im öffentlichen Raum gehören zu den Kernthemen des Sicherheitsdepartements. Wie sie gelöst werden, ist entscheidend für die Atmosphäre einer Stadt. Alle sollen sich in Zürich sicher und wohl fühlen können. Ziel ist eine lebenswerte Stadt, eine Stadt, in der alle gleich behandelt werden, in der alle, die sich respektvoll verhalten, willkommen sind und freundlich angesprochen werden. Als Sicherheitsvorsteher leiste ich meinen Beitrag zum guten Zusammenleben.
Als politischer Vorsteher und somit auch oberster Chef der Stadtpolizei habe ich die Verantwortung für den gesamten Betrieb. Und dieser Verantwortungsbereich ist breit: Finanzen, Ausrüstung, Infrastruktur, Sicherheit, Personal, Recht, Kommunikation gegen innen und aussen und vieles mehr. Ich bin aber nicht nur Verwalter, sondern auch Gestalter. Ich will dort etwas verändern, wo Handlungsspielraum vorhanden und Veränderungen wichtig sind.
Projekt PiuS
Deshalb habe ich das Projekt Pius (Polizeiarbeit in urbanen Spannungsfeldern) initiiert. Der Druck aus der Bevölkerung und der Politik haben dazu geführt, dass wir uns intensiv mit diesen Spannungsfeldern beschäftigen. Beispiel sind die Personenkontrollen. Polizistinnen und Polizisten sind einerseits zunehmend verbaler Gewalt und Attacken ausgesetzt, andererseits steht der Vorwurf im Raum, dass bei Personenkontrollen nicht alle Menschen gleichbehandelt werden. Dass also Alter und Aussehen eine Rolle spielen, ob und wie jemand von der Polizei kontrolliert wird.
Eine erste Bestandsaufnahme zu den wissenschaftlich begleiteten Untersuchungen konnte ich Ende Jahr präsentieren, und erste Massnahmen wurden bereits verfügt. Die Polizei muss bei Personenkontrollen den Grund angeben, das Bauchgefühl allein reicht nicht mehr. Zudem werden die Kontrollen neu über eine App statistisch erfasst. Diese sind anonymisiert, erlauben aber dennoch künftig eine Auswertung über die durchgeführten Kontrollen. Dadurch haben wir neu ein Analyseinstrument, solche Daten fehlten bis anhin. Die ersten Auswertungen zeigen mir, dass wir auf dem richtigen Weg sind, dass wir es noch besser machen können und die Stadtpolizei Zürich zu Veränderungen bereit ist.
Aber Veränderung braucht Zeit, das ist ein langwieriger Prozess. Das sehe ich bei der Zusammensetzung des Corps. Diversität ist ein Stichwort, bei dem ich dranbleiben will. Ich möchte bei der Polizei mehr Frauen, mehr Menschen mit Migrationshintergrund, mehr Polizistinnen und Polizisten, die auch in der Stadt leben. Es ist wichtig, dass Menschen mit den verschiedensten Biographien bei der Polizei arbeiten, damit die Polizei die Gesellschaft widerspiegelt. Mittels gezielter Personalwerbung, einem überarbeiteten Rekrutierungsverfahren, gezielter Frauenförderung und besseren Teilzeitarbeitsmöglichkeiten soll die Diversität im Personal vergrössert werden. Erste Erfolge sind erkennbar, aber ich möchte noch mehr erreichen.
Keine Stigmatisierung von Bevölkerungsgruppen
Die in den Medien geführten Diskussionen rund um meinen Entscheid, die Nationalitäten in Polizeimitteilungen nicht mehr automatisch zu nennen, habe ich erwartet; in ihrer Heftigkeit – und Undifferenziertheit – haben sie mich aber auch überrascht. Ich bin davon überzeugt, dass solche Angaben Vorurteile gegen Minderheiten verstärken und ganze Bevölkerungsgruppen abgestempelt werden, weil ein Zusammenhang zwischen Tat und Nationalität nahegelegt wird, der nicht gegeben ist. Deshalb habe ich diesen Automatismus durchbrochen.
Tempo 30 – weniger Lärm
Bis im nächsten Frühling müssen die Gemeinden Massnahmen zur Verkehrslärmreduktion umsetzen. Ich habe auf vielen Nebenstrassen, teilweise auch auf Hauptstrassen, Tempo 30 verfügt. Dagegen wurde Einspruch erhoben, viele Verfahren sind noch bei den Gerichten hängig. Obwohl ein letztinstanzliches Urteil noch fehlt, habe ich bereits auf 30 zusätzlichen Strassen Tempo 30 signalisieren lassen, da es mir wichtig ist, in diesem Bereich die nötigen Maßnahmen umzusetzen.
Um den Lärm zu reduzieren, haben wir auch die automatischen Zufahrtskontrollen im Kreis 4 eingerichtet, um das Nachtfahrverbot wirkungsvoll durchzusetzen. Es ist wichtig, die Wohnbevölkerung vor unnötigem Lärm zu schützen. Und genauso wichtig ist, dass noch mehr in die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden investiert wird. Bei der Signalisation für die Velofahrenden gibt es noch Luft nach oben. Wenn schon die Infrastruktur in der Stadt Zürich für den Veloverkehr noch nicht überall optimal ist, muss dort etwas geschehen, wo es Spielraum für Veränderungen gibt. Diesen möchte ich in Zukunft noch konsequenter ausnutzen.
Ich bin überzeugt, dass es nötig ist, den eingeschlagenen Kurs die nächsten vier Jahre beizubehalten. Und dass es Zürich guttut, eine kritische, alternative, linke Stimme aus dem Stadtrat zu hören.
Richard Wolff
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Artikel erschien im AL-Info 18/01