Nach nur einer Woche wurde die Werkhalle, welche von den Besetzer:innen zu blühendem Leben erweckt worden war, von einem Grossaufgebot der Polizei geräumt. Das öffentliche Gebäude sollte, so der Stadtrat, weiterhin in trister Leere mindestens bis Ende 2027 vor sich hin lottern beziehungsweise pseudomässig als Lager genutzt werden.
Es wird weiter leer stehen
Im Gemeinderat der Stadt Zürich bedauerten die Alternative Liste (AL) und die Grünen in einer gemeinsamen Fraktionserklärung diese Räumung. Die beiden Fraktionen monierten, dass sich der Stadtrat über seine eigenen Richtlinien hinwegsetze. So existiere keine Baubewilligung, es sei keine Neunutzung geplant und auch die vorgebrachten Argumente der Sicherheit, des Denkmalschutzes und der Energieversorgung seien schwierig nachvollziehbar. Nichtsdestotrotz habe der Stadtrat die Halle räumen lassen. Und: «Obwohl er wusste, dass seine eigenen Bedingungen dafür nicht erfüllt sind. Obwohl er wusste, dass sich höchstwahrscheinlich eine Mehrheit dieses Rates für eine unkommerzielle Nutzung der Halle aussprechen wird. Obwohl er wusste, dass die Halle seit Jahren leer steht und vom EWZ nicht benutzt wird. Nun hat der Stadtrat also sein Ziel erreicht: Sie steht nun wieder leer.»
Öffentliche Gebäude
Während sich die Bürgerlichen über die Besetzer:innen echauffierten, reichten die beiden Fraktionen AL und Grüne ein gemeinsames Postulat ein. Mit ihrem Postulat fordern sie den Stadtrat auf, zu prüfen «wie im besetzten ehemaligen Kesselhaus des Elektrizitätswerkes Letten an der Wasserwerkstrasse 101 ab sofort und für mehrere Jahre eine selbstorganisierte Nutzung für kulturelle und politische Veranstaltungen, Selbsthilfewerkstätten und eine Küche ermöglicht werden kann».
Es würde dem Stadtrat gut anstehen, wenn er sich nicht zwei Jahre Zeit für die Beantwortung des Postulats nehmen würde, sondern die Aufgabe unverzüglich anpackt. Denn in dieser durchorganisierten und durchgestylten Stadt fehlt es eindeutig an lebendigen und selbstverwalteten Freiräumen für nichtkommerzielle Kultur. Statt öffentliche Gebäude jahrelang leer stehen zu lassen, würde es dieser Stadt gut anstehen, den Besetzer:innen die Hand zu reichen. Die Nutzung des Kesselhauses hätte für die Bevölkerung einen grossen Mehrwert schaffen können – dies hat man in der kurzen Zeit gesehen, in der die Besetzer:innen kulturelle und politische Veranstaltungen auf die Beine gestellt haben.
Nichtkommerzielle Räume
Die Fraktionserklärung von AL und Grünen kam beim betroffenen Stadtrat des Departements der Industriellen Betriebe nicht gut an. Er sei vom Tonfall überrascht, gebe es doch kein Anspruch auf Besetzungen. In der Logik der Bürgerlichen mag dies so stimmen. Doch gibt es auf der anderen Seite auch kein Recht, öffentliche Gebäude jahrelang leer stehen zu lassen – und, wie im vorliegenden Fall, verlottern zu lassen. Gerade auch in der zunehmend verdichteten und bevölkerungsmässig wachsenden Stadt fehlen je länger je mehr Freiräume für nichtkommerzielle Kultur.
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