Die Schweizer Stimmberechtigten nahmen die Pflegeinitiative im November 2021 mit einem Ja-Anteil von 61 Prozent an. Der Bund will sie in zwei Etappen umsetzen. In der ersten ging es unter anderem um eine Ausbildungsoffensive, in der zweiten steht die berufliche Entwicklung von Pflegenden im Fokus. Die zweite Etappe ist derzeit im Parlament hängig und dieses klemmt. Das ist nicht weiter verwunderlich, denn in der zweiten Etappe geht’s um Geld – viel Geld, Geld von dem niemand ausser das Gesundheitspersonal profitiert. Im Gegensatz zu Spitalbauten, medizinischen Apparaten und Medikamenten werfen die Ausgaben für Löhne keinen Profit ab. Wer bezahlt, der Bund oder die Kantone? Sicher nicht die Krankenkassen!
Am Samstag, 22. November 2025 organisierte ein breites Bündnis von Gewerkschaften und Berufsorganisationen eine Kundgebung auf dem Bundesplatz. Rund 5’000 Demonstrierende protestierten gegen die Verzögerung bei der Umsetzung des matchentscheidenden 2. Teils der Initiative: die Arbeitsbedingungen des Gesundheitspersonals! Mehr Lohn, mehr Personal, Dienstpläne, welche ein privates Sozialleben ermöglichen … Obwohl die ständische Pflegeinitiative nur das Pflegepersonal im Fokus hatte, ging es bei den Protesten an der Demo ausdrücklich um das gesamte Gesundheitspersonal, auch das Labor, die Radiologie, die Reinigung, die Küche, die Administration. Der Einfluss der Gewerkschaften war deutlich spürbar.
Zunächst berichteten Berufsleute aller Sparten aus der Deutschschweiz, der Romandie und dem Ticino dreisprachig mit kurzen 5-Minuten-Statements von den misslichen Arbeitsbedingungen. Zu Wort kamen speziell auch die Kolleg*innen, die gegenwärtig im CHUV (dem Waadtländer Kantonsspital) oder kürzlich im Kantonsspital Fribourg streikten. Dann wurde der Puls der Arbeitsbedingungen laut gemessen. Er wurde immer langsamer und langsamer und verstummte schliesslich mit einer Schweigeminute auf dem Bundesplatz – eindrücklich beim meist hohen Lärmpegel der Demo. Dann wurde die Regisseurin Petra Volpe des eindrücklichen Films «Heldinnen» per Video aus Berlin zugeschaltet. Eine Konsultativabstimmung zur Bereitschaft für Streikaktionen gab ein eindeutiges Resultat!
Wir Aktivist:innen der Arbeitsgruppe Gesundheit der AL Zürich beteiligten uns zu sechst mit einem eigenen Transpi an der Protestaktion. Auch der Kanton Zürich mit dem zweitgrössten Haushalt der Schweiz klemmt bei der Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Gesundheitswesen. Um die Abwanderung von Gesundheitspersonal zu bremsen, müssten Milliarden ausgegeben werden, die allein über direkte Steuern zu finanzieren wären – und das scheuen die Reichen wie der Teufel das Weihwasser. Die AL lässt nicht locker, wir werden die unvermeidlichen künftigen Arbeitskämpfe unterstützen und im Kantonsrat noch stärker für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen.
PS: Nachdem sich Doktor Winizki beim Montieren des mittleren Transpisteckens schwer verletzte und das Transpi mit seinem Blut besudelte, sprang Schwester Tanja frohgemut ein! Die übrigen Anwesenden wären natürlich notfalls zu einer Blutspende bereit gewesen, damit AL-Blut durch AL-Blut ersetzt werden kann.