

Pro: Staatlich, datensparsam und dezentral – das E-ID-Gesetzt überzeugt
Daniel Gnägi, AL-Vorstandsmitglied
Vor vier Jahren lehnte die Stimmbevölkerung das E-ID-Gesetz mit deutlichen 64 Prozent Nein ab – obwohl es von Mitte- bis Rechtsparteien breit unterstützt wurde. Kritisiert wurde vor allem, dass private Firmen die E-ID herausgeben sollten und die Daten zentral gespeichert worden wären.
Nur wenige Tage nach der Abstimmung reagierte das Parlament geschlossen: Vertreterinnen und Vertreter aller sechs Fraktionen – von der SVP bis zu den Grünen – reichten gleichlautende Motionen ein, die eine staatliche, dezentrale E-ID verlangten.
Im zweiten Anlauf sind die Karten jetzt neu gemischt: Auf die Bedenken wurde reagiert, und aus Gegnern wie der Digitalen Gesellschaft, der SP und den Grünen sind inzwischen Befürworter geworden. Doch weshalb braucht es überhaupt eine E-ID?
Schon heute muss man sich im Internet in vielen Situationen ausweisen – etwa bei der Eröffnung eines Bankkontos oder beim Kauf von Produkten mit Altersbeschränkung. Derzeit geschieht dies meist durch das Hochladen eines Ausweisdokuments und teilweise zusätzlich mit einem Gesichtsscan. Für Nutzerinnen und Nutzer ist dieser Prozess umständlich, für die Anbieter aufwendig, da die Angaben oft manuell überprüft werden müssen. Zudem werden dabei mehr Daten preisgegeben, als für den eigentlichen Zweck nötig wären.
Zur Altersüberprüfung sind weder der Bürgerort noch das Geschlecht notwendig. Selbst das Geburtsdatum ist nicht erforderlich, sondern einzig die Information, dass das 18. Lebensjahr überschritten ist. Zudem besteht das Risiko, dass Dokumente bei den jeweiligen Datenverarbeiter:innen nicht regelmässig gelöscht oder unzureichend vor Fremdzugriff geschützt werden.
Mit der neuen E-ID lassen sich jeweils nur jene Angaben übermitteln, die für einen bestimmten Zweck wirklich nötig sind. Der digitale Ausweis bleibt ausschliesslich auf dem eigenen Smartphone gespeichert, während der Staat die technische Infrastruktur bereitstellt. Ein grosser Teil der Entwicklung ist zudem auf GitHub öffentlich zugänglich, sodass Interessierte selbst überprüfen können, ob moderne Standards eingehalten werden.
Ein Restrisiko bleibt: Da der Identifikationsprozess künftig einfacher zu integrieren ist, besteht die Gefahr eines übermässigen Einsatzes von Privaten. Dies gilt es kritisch zu beobachten, und auf politischer Ebene gilt es Meldemöglichkeiten gegen missbräuchliche Datenerhebungen zu stärken.
Im Vergleich zu den heutigen, oft unübersichtlichen Verfahren überzeugt die neue Lösung jedoch klar und bringt für alle Beteiligten Vorteile. Nicht zuletzt dürfte die elektronische Identität das E-Collection und damit die direkte Demokratie stärken, da sie sowohl das Unterschriftensammeln für finanzschwächere Gruppen als auch die politische Beteiligung von Menschen mit Beeinträchtigungen erleichtert. Entsprechend ist das Gesetz aus meiner Sicht zu befürworten.

Contra: Kommerzialisierung unserer Daten und Datenschutzrisiken widersprechen demokratischen Prinzipien – deshalb Nein zur E-ID!
Nicole Rüegger, Co-Präsidentin Digitale Integrität Schweiz, Referendumskomitee «E-ID-Gesetz-NEIN»
Im Alltag fragt uns niemand nach einem Ausweis: Weder Pass noch Identitätskarte (ID) werden kontrolliert. Wir weisen uns nur dort amtlich aus, wo es gesetzlich vorgeschrieben ist.
Das E-ID-Gesetz würde dies ändern: Es führt eine «digitale Identitätskarte» (E-ID) ein und ermöglicht es privaten Unternehmen, insbesondere Big Tech, Passdaten von Bürgerinnen und Bürgern im Internet und im Alltag zu verlangen und zu speichern. Diese Kommerzialisierung unserer sensibelsten Daten widerspricht demokratischen Prinzipien und eröffnet grosse Datenschutzrisiken. Im Gesetz fehlen wichtige Sicherheitsgarantien.
Was fehlt? Folgende fünf Datenschutzgarantien fehlen im aktuellen E-ID-Gesetz:
- Beschränkung auf gesetzlich vorgeschriebene Situationen
Passdaten gehören nicht in die Hände von privaten Unternehmen. Diese sollen nur zu gesetzlich vorgeschriebenen Zwecken verlangt werden dürfen. - Unlinkability (Un-Verknüpfbarkeit der Daten)
Die einzelnen Daten der E-ID (Alter, Name etc.) dürfen keine eindeutige Kennung enthalten, welche eine Wiedererkennung der Person über Verknüpfung der einzelnen Daten ermöglichen würden (Überwachungskapitalismus). - Opensource
Gemäss den Forschungsergebnissen der letzten Jahrzehnte ermöglicht nur die vollständige Offenlegung des Quellcodes frühzeitiges Finden von Sicherheitsproblemen und deren Behebung bevor sie kriminell ausgenutzt werden. Der Quellcode der E-ID-Infrastruktur muss komplett offengelegt werden. - Recht auf ein Offline-Leben
Echte Freiwilligkeit im digitalen Raum nennt sich „Recht auf ein Offline-Leben”. Dies bedeutet diskriminierungsfreien Zugang zu staatlichen und privaten Dienstleistungen ohne Zwang zur Nutzung digitaler Technologien. - Keine Verwendung für Sozialkreditsysteme
Die E-ID als technische Infrastruktur ist ein zentraler Bestandteil von sogenannten Social Scoring Systemen. Aus präventiver Sicht sollten solche Systeme im Gesetz und prinzipiell in der Verfassung ausgeschlosssen werden.
Deshalb am 28. September NEIN zum E-ID-Gesetz!
Zum Gesetz
Pro-Kampage Ja zur E-ID
Contra-Kampagne E-ID-Gesetz Nein