
Sehr geehrte Frau Stadträtin Brander,
sehr geehrte Herren Stadträte Odermatt und Leutenegger
Liebe Simone, lieber André, lieber Filippo
Die Mieter:innen der Sugus-Häuser haben sich mit Erfolg gegen ihre Kündigungen gewehrt. Das freut mich. Doch seit kurzem haben sie ein neues Problem: Wohnungen, die vorher weniger als 2000 Franken kosteten, werden jetzt für bis zu 14’000 Franken über Airbnb angeboten. Die Hausbesitzerin und ihr Zwischenagent verdienen sich eine goldene Nase. Und den verbliebenen Mieter:innen soll das Wohnen vergällt werden.
Das müsste nicht sein. Im September 2021 hat der Gemeinderat – nach einer 11-jährigen Odyssee einer AL-Motion – endlich beschlossen, dass Business Apartments und kommerzielle Airbnb-Nutzungen nicht mehr an den Wohnanteil angerechnet werden. Damit wird solchen Nutzungen in Wohngebieten die Rechtsgrundlage entzogen.
Negative Vorwirkung (§ 234 PBG) …
Zwar ist dagegen eine Beschwerde vor Bundesgericht pendent. Aber die Baubehörde ist keineswegs machtlos. § 234 des Planungs- und Baugesetzes (PBG) gibt ihr eine Handhabe, um geplante oder beschlossene, aber noch nicht rechtskräftige planungsrechtliche Festlegungen geltend zu machen und Bauvorhaben und Umnutzungen, die den neuen Regeln widersprechen, zu verbieten (sog. «negative Vorwirkung»). Damit soll verhindert werden, dass geplante Änderungen unterlaufen werden.
… nur für Baumschutz und Hochhäuser?
Um Klarheit und Rechtssicherheit herzustellen, deklariert der Stadtrat respektive die zuständige Bausektion II bei Revisionen der Bau- und Zonenordnung (BZO) jeweils, ob und welche Regelungen eine negative Vorwirkung nach § 234 PBG entfalten. Zwei aktuelle BZO-Revisionen – die geplante Bewilligungspflicht für das Fällen grosser Bäume (Planauflage im März 2025) und die neuen Hochhaus-Gebiete (zurzeit in Kommissionsberatung im Gemeinderat) – hat der Stadtrat offiziell mit dieser Vorwirkung ausgestattet. Zum geplanten Baumschutz schreibt er: «Die neue Regelung ist per sofort in Baugesuchen zu berücksichtigen (negative Vorwirkung gemäss § 234 PBG).» (Medienmitteilung vom 13. März 2025) Zu dem bereits vor vier Jahren beschlossenen Teilverbot von Business Apartments und Airbnb-Nutzungen heisst es auf der Webseite des Amts für Städtebau dagegen kurz und schnöde: «Die Teilrevision entfaltet keine planerische Vorwirkung».
Es freut mich natürlich, dass der Stadtrat – zumal in Zeiten des Klimawandels – dem Schutz der Bäume so hohen Wert beimisst. Auch dass dem Amt für Städtebau die neuen Hochhaus-Regeln ein Herzensanliegen sind, ist mir nicht verborgen geblieben. Aber wo bleibt – in Zeiten der Wohnkrise – das Herzblut und die planerische Kohärenz bei der vorsorglichen Durchsetzung des Zweitwohnungsverbots?
Zweitwohnungsverbot als planerisches Stiefkind?
Als Liebkind der Verwaltung geniessen die Hochhaus-Regeln umfassenden planerischen Schutz, das vom Parlament gegen den Stadtrat erzwungene Zweitwohnungsverbot behandelt Ihr dagegen als Stiefkind. Bestärkt werde ich in diesem Eindruck durch die Tatsache, dass die Bausektion II inzwischen auch Baugesuche für die explizite Schaffung von Business Apartments ohne Auflagen durchwinkt. So am 25. Juni 2025 für 36 Service Apartments der SFP Anlagestiftung am Albisriederplatz 8. Pendent ist zurzeit ein Baugesuch der Anlagestiftung Swiss Life für 61 Business Apartments am Tessinerplatz 5.
Sachlich besteht keinerlei Anlass für eine Ungleichbehandlung. Der Stadtrat behauptet zwar, die Nichtanrechenbarkeit von Business-Appartements stelle «keine planungsrechtliche Festlegung» dar und entfalte deshalb keine negative Vorwirkung (Antwort auf AL-Anfrage zu den Sugus-Häusern, GR 2025/39). Er stellt sich damit jedoch gegen die klare Praxis der Gerichte und gegen die einhellige Meinung der Fachwelt: Vorschriften über den Wohnanteil und die Nutzweise sind Festlegungen mit einem «planerischen Gehalt» und fallen damit zweifelsfrei in den Anwendungsbereich von § 234 PBG.
Darum meine dringende Bitte an Euch: Nehmt das Heft in die Hand und beschliesst endlich, auch dem Zweitwohnungsverbot planerische Vorwirkung zu verleihen. Und stoppt damit die Airbnb-Seuche in den Sugus-Häusern!
Mit herzlichem Dank
Tanja Maag, Gemeinderätin und Stadtratskandidatin AL