
(Bild: MiningWatch Portugal via unsplash.com)
Am letzten Mittwoch hat der Stadtrat ein Konzept zur Förderung der Elektromobilität verabschiedet. Unter anderem soll damit die Nutzung von elektrischen Fahrzeugen gefördert werden. Das Konzept gehört zu den Massnahmen, damit die Stadt Zürich bis 2040 klimaneutral wird. Private Autofahrten sollen um dreissig Prozent reduziert werden. Die verbleibenden Fahrten sollen sogenannt klimaschonend mit Elektrofahrzeugen durchgeführt werden. Neben bestehenden Massnahmen wie der Elektrifizierung des öffentlichen Verkehrs umfasst das verabschiedete Konzept 13 neue Massnahmen, wie die Anpassung der städtischen Fahrzeugflotte über Initiativen zur Erhöhung der Nutzung von E-Fahrzeugen bis zum Aufbau von öffentlich zugänglichen Ladestationen. Diese sind für Fahrzeugbesitzer:innen gedacht, die keine Möglichkeit haben, ihr Fahrzeug privat zu laden. Solche Fahrzeuge brauchen bekanntlich Batterien. Diese bestehen in der Regel aus Metallen wie Lithium oder Cobalt, welche von rücksichtslosen, grosskapitalistischen, internationalen Bergbaukonzernen wie z.B. Rio Tinto oder Glencore in grossem Massstab abgebaut wird. Oft mit gravierenden Arbeitsbedingungen und verheerenden Konsequenzen für die Umwelt.
Eines der weltweit grössten Minenprojekte liegt im Westen von Serbien im Jadartal, einer Gegend, die in jeder Hinsicht mit dem Tösstal vergleichbar ist. Dieses Projekt ist ein Auslöser für die seit Monaten, ja Jahren anhaltenden, grossen friedlichen Demonstrationen mit hunderttausenden Teilnehmenden im ganzen Land. Umweltrisiken, der Existenzverlust von hunderten von Kleinbauern und Korruption wurden angeprangert. Genützt hat es leider wenig. Die rechte Regierung verspricht den Serb:innen ein Wirtschaftswunder. Auf Kosten der Umwelt sollen so Investoren ins Land locken, Batteriefertigungen und E-Auto-Werke.
Das Geld für solche Investitionen stammt oft direkt aus dem Schweizer Finanzplatz. Firmen wie Glencore – beheimatet in Baar – sind zentrale Akteure in der Gewinnung der zur Batterieherstellung benötigten Rohstoffe. Neben dem uns nahen Serbien finden sich die entsprechenden Minen vor allem im globalen Süden. In neokolonialer Ausbeutung wird dabei wenig Rücksicht auf die lokale Bevölkerung und Umwelt genommen. So arbeiteten beispielsweise in einer Cobaltmine von Glencore mutmasslich sogar Kinder unter 10 Jahre.
Nicht nur bei Glencore, sondern in der ganzen Industrie kommt es wiederholt zu Kinderarbeit, Toten und unwiderruflichen Umweltkatastrophen. Offensichtlich hat der Zürcher Stadtrat nichts von diesen grösseren Zusammenhängen mitbekommen. Es ist absolut unverständlich, dass wir in Zürich eine Regierung haben, die im Namen der Klimaneutralität eine solche Industrie begünstigt.
Der Stadtrat fördert diese Entwicklung obwohl trotz der Elektrifizierung von Fahrzeugen die Nachteile des MIV erhalten bleiben. Dazu gehörend insbesondere der hohe Platzbedarf im fliessenden wie im ruhenden Verkehr. Auch ein Elektroauto ist in erster Linie ein Stehzeug. Zudem zeigt die Ökobilanz verschiedener Fahrzeugkategorien, dass sich die Rangfolge der Umweltauswirkungen der einzelnen Verkehrsmittel auch mit elektrisch betriebenen Personenwagen nicht ändert – wie der Stadtrat im eingangs erwähnten Konzept selber schreibt. Am umweltfreundlichsten sind nach wie vor der Fuss- und muskelbetriebene Veloverkehr (auch E-Bikes funktionieren nur mit Lithium-Batterien!) sowie der Trolleybus und das Tram, gefolgt von elektrisch betriebenen Bussen. Wenn wir es also ernst meinen mit der Klimaneutralität braucht es eine wirkliche Verkehrswende, in welcher wir nicht den MIV elektrifizieren, sondern in viel mehr als die vom Stadtrat geplanten 30% reduzieren. Wir werden uns vehement gegen diesen Ausbau der Elektromobilität und Ladestellen auf öffentlichem Grund wehren.
Der Beitrag erschien als “Meh Biss!”-Kolumne im P.S. Nr. 24 / 20. Juni 2025, S. 10.