
Die Stadt Zürich wächst und wächst und wächst. Damit die Stadtvergrösserung zukunftsträchtig bleibt, darf sie nicht ohne Rücksicht auf die Menschen, die hier leben, geschehen. Ohne soziale Investitionen droht Zürich vollends zu einer kalten, gentrifizierten Metropole zu verkommen.
Das vor uns liegende Budget bringt ein riesiges Investitionsvolumen mit sich. Sehr viele Vorhaben sind unerlässlich, um die Stadt zukunftsfähig zu gestalten. In diesem Sinne wird der Investitionsschub ohne Zweifel die Attraktivität Zürichs weiter erhöhen und noch mehr profitorientierte Investor:innen anziehen, die das momentane urbane Eldorado gnadenlos auszunutzen versuchen. Gleichzeitig werden diese rosigen Aussichten jedoch den Druck auf viele Dienstleistungsbereiche und insbesondere auf den ohnehin angespannten Wohnungsmarkt verschärfen. Die Leerkündigungen in den Sugus-Häusern von letzter Woche zeigen, dass Menschen nicht nur aufgrund teurer Neubauten ihre Wohnungen verlieren, sondern auch in bestehenden Liegenschaften wortwörtlich „wegsaniert“ werden. Um dieser wohnpolitischen Katastrophe ein Ende zu setzen, braucht es eine koordinierte Rettungsoffensive und ein Umdenken auf mehreren Ebenen.
Im Budget 2025 zeigt der Stadtrat, dass ein Umdenken stattfindet. Für Land- und Liegenschaftskäufe steht ein Posten bereit. Erste Projekte für den Wohnraumfonds werden erwartet, die öffentlich-rechtlichen Wohnbaustiftungen sollen kapitalisiert und ein neuer Wohnbau- sowie Jugendwohnkredit ins Leben gerufen werden. Doch die unersättliche Profitgier von Immobilienunternehmen und Privatpersonen erfordert dringend weitergehende Massnahmen, wie etwa die kantonale Wohnschutzinitiative, die Mietzinsbegrenzungen bei Renovationen fordert. Auf nationaler Ebene wären griffigere Instrumente, um konsequente und systematische Mietzinskontrollen durchzuführen, mehr als je nötig.
Eine radikale Umkehr braucht es bei den städtischen sozialen Mitberichten zur Begleitung von Bauprojekten. Ihre absolut frustrierende Wirkungslosigkeit muss 2025 ein Ende finden. Vom neuen Wohndelegierten erwarten wir, dass er diesen bisher erfolglosen Ermahnungen hinter verschlossenen Türen ein radikales Ende setzt. Und wir sagen es schon jetzt: Ohne sichtbare und wirksame Resultate bei der sozialen Abfederung von Wohnprojekten ist diese Stelle mehr als sinnlos. Wenn alle Stricke reissen, muss die Stadt Zürich einkommensschwache Menschen deutlich stärker bei der Wohnungssuche unterstützen. Auch diese Forderung ist nicht neu.
Soziale Tragfähigkeit sichert unsere Zukunft
Die AL schaut genau dorthin, wo andere gerne wegsehen. Wir sind absolut der Auffassung, dass eine Gemeinschaft nur dann gerecht und widerstandsfähig wachsen kann, wenn niemand auf der Strecke gelassen wird. Das gilt auch für geflüchtete Menschen, die politisch keine Stimme besitzen und deren Lebensqualität massgeblich von den unmittelbaren Entscheiden von Parlamenten und Exekutiven abhängt. Bei dieser Budgetdebatte setzt die AL deshalb einen ihrer Schwerpunkte in der Verbesserung der sozialen Situation dieser Personen. Mittels eines – minimalen – Aufwands im Unterhalt der AOZ-Liegenschaften kann nämlich ein Maximum an Lebensqualität für diese vulnerable Gruppe erzielt werden. Ein angenehmer Wohn- und Lebensraum unterstützt nicht nur den Integrationsprozess, was die bürgerliche Seite bestimmt, gerne hört. Es ist auch ein Recht, worauf Menschen, die alles gegeben haben, um zu uns zu flüchten, Anspruch haben. Das nennen wir soziale Brückenpfeiler schaffen!
Soziale Tragfähigkeit entsteht zudem durch kluge Investitionen in Bildung und Arbeitsbedingungen. Mit der Anpassung des Bedarfsschlüssels für Deutsch als Zweitsprache sowie einem gemeinsamen Förderpaket von links-grün für die inklusive Schule stellen wir sicher, dass die sprachliche Entwicklung und der individuelle Bedarf von Kindern und Jugendlichen im Zentrum stehen. Das ist die Grundlage für eine zukunftsgerichtete Bildungsentwicklung.
Leider zeigt der Stadtrat auch im Budget 2025 erneut keinen Willen, eine der wichtigsten Fragen unserer Gegenwart – nämlich jener der Umgestaltung der Arbeitszeit – anzupacken. Er blockiert seit Jahren die Test-Einführung einer 35-Stunden-Woche in mehreren Schichtbetrieben und verpasst damit die Chance, die Situation der arbeitenden Stadtbevölkerung an die Erfordernisse des 21. Jahrhunderts anzupassen. Diese strukturellen Veränderungen bleiben im Fokus unserer Bestrebungen. Sie sind kurzfristig, mühsam einzuführen, langfristig zeigen sie sich alleweil wirksamer als passagere Einmalzulagen. Deshalb fordert die AL, mit einem Vorstoss ausserhalb des Budgets, den Mindesturlaub für städtische Angestellte von 4 auf 5 Wochen zu erhöhen. In einer Zeit wie dieser müssen wir Rahmenbedingungen schaffen, um Fachkräfte zu binden. Gesundheitsförderung und die Vereinbarkeit von Lohn- und Care-Arbeit erfordern insbesondere mehr Erholungszeit.
Korrektureingriffe durch Umverteilung
Die AL begrüßt die im Budget vorgesehenen 60 Millionen für städtische Lohnmassnahmen und den Teuerungsausgleich. Besonders wichtig ist die Umsetzung unserer Motion zum jährlichen Teuerungsausgleich für Lernende in der beruflichen Grundbildung. Dadurch wird die Kaufkraft der Lernenden ab April 2025 ein Stück weit verbessert. Ebenso freuen wir uns über die nochmals anstehende Energiekostenzulage sowie über den baldigen Auftrag der Zürcher Bevölkerung für einen Bonus für die grundversorgten Kund:innen der Elektrizitätswerke.
Doch im Budget finden sich auch Umverteilungen in die falsche Richtung: Private Schulen profitieren weiterhin unverhältnismäßig von der städtischen Infrastruktur, während im ambulanten Pflegesektor seit neuestem jährlich Millionen in die Geschäftsmodelle kommerzieller Spitex-Anbieter:innen fliessen, die von pflegenden Angehörigen profitieren. Diese Missstände sind nicht länger hinnehmbar, weshalb wir erst letzte Woche mit einem Vorstoß auf diese ungerechtfertigte Praxis reagiert haben, um diesem Zustand in einem ersten Schritt entschieden entgegenzutreten.
Die AL steht weiterhin für eine klare, zielgerichtete Umverteilung, die den Menschen in Zürich nicht mit leeren Versprechungen, sondern mit konkretem Nutzen dient. Ohne soziale Investitionen gibt es keine Zukunft, weder in Zürich noch sonst wo.