Am 24. November stimmen wir in der Stadt über zwei Gegenvorschläge zur SP-Initiative „Bezahlbare Wohnungen für Zürich“ ab. Diese versuchen eine Initiative zu retten, die gravierende Mängel aufwies. Der Stadtrat sollte gemeinnützigen Wohnbauträgern in Eigenkompetenz Darlehen und Bürgschaften in unbegrenzter Höhe gewähren können. Kontrolle durch das Parlament? Keine! Referendumsmöglichkeit? Fehlanzeige! Formal liesse sich noch mehr bemängeln, mit dem Rückzug der Initiative ist das aber Schnee von gestern.
Die AL sagt 2x Ja zu den Gegenvorschlägen. Inhaltlich unbestritten ist für uns der indirekte Gegenvorschlag: Alle städtischen Wohnbaustiftungen sollen eine Kapitalerhöhung von insgesamt 300 Mio. Franken erhalten und damit gestärkt werden. Die Initiant:innen hatten hier die Stiftung „Einfach wohnen“ vergessen, was im Gegenvorschlag korrigiert wird.
Kritischer stehen wir dem direkten Gegenvorschlag gegenüber. Er übernimmt von der SP-Initiative die Zielsetzung, dass die Erhöhung des gemeinnützigen Wohnungsbestandes „insbesondere über den Erwerb von Liegenschaften“ erfolgen soll. Damit wird bei einer Annahme das sozialdemokratische Mantra des heilsbringenden staatlichen Immobilienkaufs als vorrangige Strategie in der Verfassung der Stadt Zürich festgeschrieben.
„Was wir heute nicht kaufen, bereuen wir morgen“, das stimmte sicher lange Zeit, muss aber heute bei den aktuellen, irrwitzig hohen Bodenpreisen zumindest hinterfragt werden. Ein zweifellos positiver Effekt ist, dass Immobilien dauerhaft der Spekulation entzogen werden. Weil aber der Erwerb von Liegenschaften in aller Regel zu Marktpreisen erfolgt, führt die volle Umsetzung der Kostenmiete bei Neuvermietungen zu massiv höheren Mietzinsen; eine Verdoppelung ist keine Seltenheit. Die aktuelle „Kaufoffensive“ des Stadtrates ist sehr aufwendig und bleibt trotzdem ein Tropfen auf dem heissen Stein. Bewohner:innen mit wenig Einkommen können sich die voll angepassten Kostenmieten nicht leisten, diese Wohnungen bleiben letztlich dem Mittelstand vorbehalten. Eine Politik des Kaufens um jeden Preis vermag der Verdrängung von einkommensschwachen Menschen aus der Stadt nichts entgegenzusetzen.
Auch der mit 300 Mio. Franken dotierte Wohnraumfonds, der 2025 in Kraft tritt, wird daran nur wenig ändern können. Bei jedem Erwerb von Immobilien zu den herrschenden Marktpreisen müssten derart hohe Abschreibungsbeiträge aus dem Fonds gesprochen werden, dass dieser sehr schnell aufgebraucht wäre. Eine baldige Abstimmung über eine erneute Alimentierung des Fonds würde wohl kein Spaziergang und entspräche auch nicht dessen Sinn.
Die AL kämpft seit langem für eine massive Erhöhung der Anzahl subventionierter Wohnungen – Wohnungen, die auch für Menschen mit geringeren Einkommen bezahlbar sind.
Sicher ist das nicht die Lösung aller Probleme, aber immerhin ein Hebel, den wir nutzen können. Allerdings wird dieser immer schwächer: Die Zahl subventionierter Wohnungen ist seit den 1980er-Jahren von rund 23‘500 auf heute etwa 6‘700 gesunken. Rund zwei Drittel davon befinden sich in städtischen Liegenschaften. Die Wohnbaugenossenschaften bieten heute leider kaum mehr freiwillig solche Wohnungen an. Viele von ihnen wurden seinerzeit gegründet, um Angehörigen der Arbeiterklasse ein anständiges Wohnen zu ermöglichen, und sie konnten das Bauland damals günstig erwerben. Entsprechend sollten sie auch heute solidarisch mit einkommensschwachen Menschen sein.
Die AL hat im Gemeinderat erreicht, dass bei einer Abgabe von städtischem Land im Baurecht eine Mindestzahl an subventionierten Wohnungen erstellt werden muss. Aktuell fordern wir in dem vom Parlament überwiesenen Begleitpostulat 2024/180 zu den Gegenvorschlägen zur SP-Initiative, dass sich mit dem gemeinnützigen Wohnungsbestand auch der Bestand an subventionierten Wohnungen stetig erhöht. Und dass sich die Wohnbaugenossenschaften endlich wieder an diesem Ziel beteiligen.
Damit Wohnungen nicht nur für den Mittelstand bezahlbar sind und die „Stadt für Alle“ nicht nur ein billiger Wahlkampfslogan bleibt.