Obwohl im Ja-Komitee nicht nur linke Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen, sondern auch die Mitte, die GLP und die EVP vertreten waren, hat sich eine Mehrheit des Stimmvolks entschieden, der populistischen und fremdenfeindlichen Hetzkampagne von Rechts zu folgen. «Gratis-Studium für abgewiesene Asylanten» titelte die SVP auf ihrer Website und das SVP-nahe Egerkinger Komitee verteilte gar Flyer mit dem Titel «Gratis-Studium für abgewiesene Islamisten» in den Briefkästen – ein klarer Verstoss gegen das Antidiskriminierungsgesetz, der geahndet werden muss.
Schlecht fürs Gewerbe
Dass sich das Stimmvolk von dieser Stimmungsmache beeindrucken liess, ist nicht nur für junge Geflüchtete ein herber Rückschlag, sondern auch für das solidarische Selbstverständnis des Kantons sowie für das kantonale Gewerbe. Die bürgerlichen Parteien bewirtschaften mit ihren Slogans nämlich nicht nur ihr Narrativ von den unrechtmässig in der Schweiz verbleibenden Geflüchteten, die dem Staat auf der Tasche liegen, sondern verkennen auch, dass Stipendien auch bei Berufslehren beantragt werden können. Die Abschaffung der Wartefrist für Stipendien hätte so dem Fachkräftemangel entgegenwirken können (jährlich bleiben rund 10’000 Lehrstellen im Kanton unbesetzt) und den jungen Geflüchteten dabei geholfen, möglichst schnell auf eigenen finanziellen Beinen zu stehen, anstatt Sozialhilfe zu beziehen – was wiederum die Gemeinden entlastet hätte.
Hürde für berufliche Integration
Von der Ablehnung des Bildungsgesetzes hat also wirklich niemand etwas – weder die Geflüchteten, noch der Kanton oder die Gemeinden. Dass die berufliche Integration von Geflüchteten prioritär sein muss, hat der Bund auch in seiner Integrationsagenda festgehalten, in der er den Kantonen das Ziel setzt, dass zwei Drittel aller 16-25-jährigen vorläufig Aufgenommenen nach fünf Jahren Aufenthalt in der Schweiz eine Ausbildung absolvieren sollen. Nun erhalten diese jungen Menschen aber nur Asylnothilfe, deren Ansätze unter dem Minimum der Sozialhilfe liegen. Auch von ihren Familien können sie meist keine Unterstützung erwarten. Der permanente Druck, ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen, führt oft dazu, dass sie sich für Jobs im Tieflohnsektor entscheiden, anstatt eine Ausbildung zu beginnen. Der Zugang zu Stipendien hätte vorläufig Aufgenommene gleichgestellt und diese negativen Anreize abgebaut. Wir fordern von den Gemeinden nun eine klare Strategie, wie sie die Integrationsziele erreichen und die betroffenen Geflüchteten bei der beruflichen Integration unterstützen wollen.
Medienmitteilung von 22.9.2024