(Bild: Gaëtan Bally/Keystone)
Da Notfallbehandlungen im Spital teurer sind als in hausärztlichen Praxen, sollen die Kranken mit einer 50-Franken-Notfallgebühr abgeschreckt werden – gemäss der parlamentarischen Initiative 17.480 der Grünliberalen, welche in Bern kurz vor der Verabschiedung steht. Dieser absurde gesundheitspolitische Rohrkrepierer wird sein Ziel kaum erreichen und sicher nicht weniger, sondern eher mehr Gesundheitskosten verursachen.
Anfang der Neunzigerjahre, als ich meine Hausarztpraxis eröffnete, verbot die Standesordnung der Ärztegesellschaft ihren Mitgliedern, andere Ärzt:innen dauerhaft anzustellen. In der Deregulierungseuphorie jener Zeit wurde dieses Hindernis der freien Marktwirtschaft beseitigt. Seither sind die «Walk-in-Praxen» wie Pilze aus dem Boden geschossen. Ein Ärzteunternehmer stellt Assistenzärzt:innen im Monatslohn an – und verdient an ihnen. Die Angestellten übernehmen keine unternehmerische Verantwortung, können ihren Vertrag für z.B. eine Weltreise kündigen und sich danach in einer anderen Praxis wieder anstellen lassen – vertrauensvolle hausärztliche Betreuung geht anders!
Vor 20 Jahren wurde ein neuer Abrechnungsvertrag zwischen Ärztegesellschaft und Krankenkassenverband ausgehandelt – der Tarmed – heute noch in Kraft! Die Politik verlangte dafür strikte Kostenneutralität. Bei der Verteilung des Kuchens gewannen vor allem die chirurgischen Spezialärzt:innen klar den grösseren Teil als die Grundversorger:innen. Schikanen wie die Senkung der Praxis-Labortarife 2006 durch Alt-BR Couchepin und andere mehr, senkten die Motivation junger Ärzt:innen, gemeinsam eine Grundversorgungspraxis zu eröffnen. Als Angestellte einer Walk-in-Praxis kommen sie auf eine bessere Work-Life-Balance.
Der Kanton Zürich als Betreiber der Universität hat Anfang Juni beschlossen, im nächsten Jahr 280 Medizinstudiumsplätze anzubieten plus je 40 in Zusammenarbeit mit Luzern und St. Gallen. Ich selber begann vor 50 Jahren ohne Numerus clausus mit 300 Kolleg:innen und schloss Ende Siebzigerjahre mit 180 übrig Gebliebenen ab. Heute interessieren sich viel mehr junge Leute für diesen schönen Beruf und werden mit einer sehr selektiven Prüfung ausgesiebt, da der politische Wille im Kanton Zürich fehlt, mehr Studienplätze (à eine Million Franken pro Studienplatz!) zu finanzieren. Lieber importieren wir im Ausland ausgebildete Ärzt:innen, das kommt uns günstiger!
In dieser Situation hat der Verband der Haus- und Kinderärzt:innen (fme) eine Petition an den Bundesrat und Parlament lanciert, in der er mehr ärztliche Ausbildungsplätze und drei Fördermassnahmen für die Grundversorgung fordert. Die AG Gesundheit der AL unterstützt diesen Vorstoss auf der Basis unserer dritten Gesundheitspolitischen Forderung und bittet euch, die Petition elektronisch zu unterschreiben.