Die Befürworter*innen der Parlamentarischen Initiative zur Änderung des Bildungsgesetzes hatten im Kantonsrat eine klare Mehrheit. Nicht nur die linken Parteien, sondern auch Mitte und GLP haben verstanden, dass der zur Diskussion stehende § 17 des Bildungsgesetzes eine unnötige und diskriminierende Hürde für vorläufig aufgenommene Asylsuchende darstellt. Anders als anerkannte Geflüchtete dürfen diese nämlich erst nach fünf Jahren ununterbrochenem Aufenthalt in der Schweiz Stipendien beantragen, wenn sie eine Ausbildung absolvieren möchten. Auf welcher Flughöhe sich die politische Debatte abspielt, hat nicht nur die Diskussion im Kantonsrat gezeigt, sondern spiegelt sich auch in der Kampagne der SVP wider, die das Referendum ergriffen hat. Mit ihrem Slogan «Kein Gratis-Studium für abgewiesene Asylanten» unterschlägt sie, dass Stipendien auch bei Berufslehren beantragt werden können, und bewirtschaftet zugleich weiterhin ihr Narrativ von den unrechtmässig in der Schweiz verbleibenden Geflüchteten, die dem Staat auf der Tasche liegen.
«Vorläufig» meint «langfristig»
Dass sich dieses Narrativ so lange hält, liegt auch an einem missverständlichen Begriff. Es wäre längst an der Zeit, die irreführende, offizielle Bezeichnung des Status F – «Vorläufig aufgenommene Ausländer*innen» – umzubenennen, zeigen doch sämtliche Statistiken, dass ein Grossteil dieser Personen langfristig in der Schweiz bleibt. Ihr Asylantrag wurde nicht abgewiesen, weil sie kein Recht zu bleiben hätten – sondern, weil hierzulande Asyl prinzipiell nur Personen bekommen, die etwa aufgrund ihrer Religion oder Ethnie in ihrer Heimat verfolgt werden. Personen, die wegen Kriegen in die Schweiz flüchten, werden offiziell abgewiesen, aber vorläufig aufgenommen, weil zwar kein Tatbestand für einen positiven Asylbescheid vorliegt, aber auch eine Rückkehr ins Herkunftsland nicht möglich ist. Und wir alle wissen, wie lange humanitäre Krisen dauern können.
Im Einklang mit Integrationsagenda
Deshalb sieht auch der Bund vor, dass vorläufig Aufgenommene integriert werden sollen. In seiner Integrationsagenda setzt er den Kantonen das Ziel, dass zwei Drittel aller 16-25-jährigen vorläufig Aufgenommenen nach fünf Jahren Aufenthalt in der Schweiz eine Ausbildung absolvieren sollen. Nun erhalten diese jungen Menschen aber nur Asylnothilfe, deren Ansätze unter dem Minimum der Sozialhilfe liegen. Auch von ihren Familien können sie meist keine Unterstützung erwarten. Der permanente Druck, ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen, führt oft dazu, dass sie sich für Jobs im Tieflohnsektor entscheiden, statt eine Ausbildung zu beginnen. Der Zugang zu Stipendien würde vorläufig Aufgenommene gleichstellen und diese negativen Anreize abbauen.
Win-Win-Situation
Um das zu erreichen, müssen wir dasfremdenfeindliche Narrativ der SVP durchbrechen. Es geht weder um «Gratis-Studium» noch um «abgewiesene Asylanten». Es geht um Berufsausbildungen für junge Menschen, die Kriegen oder Krisen entflohen sind und langfristig in der Schweiz bleiben werden. Ein rascher Zugang zu einem existenzsichernden Einkommen und einem selbständigen Leben wäre nicht nur für sie ein Gewinn, sondern auch für den Kanton Zürich – denn jährlich bleiben hier rund 10‘000 Lehrstellen unbesetzt. Langfristig müssen wir dafür sorgen, dass sämtliche Geflüchtete aus Kriegsregionen einen gesicherten Aufenthaltsstatus erhalten, der in den Rahmenbedingungen und im Titel der Realität entspricht. Es macht keinen Sinn, Asylverfahren zu beschleunigen, nur um Geflüchtete auf dem Weg in ein selbständiges Leben danach vor neue Hürden zu stellen. Mit einem JA am 22. September können wir zu einem ersten Schritt in die richtige Richtung beitragen.