Die Rutz-Connection: Werner Scherrer (KGV), Robert E. Gubler (Forum Zürich), Hans Egloff (HEV)
Folge dem Geld! Dank den neuen Offenlegungspflichten rücken die bisher diskret operierenden Kampfmaschinen der Wirtschaft, die mit ihrer Scheckbuch-Diplomatie die Politik von FDP & SVP (mit)bestimmen, vermehrt ins Licht der Öffentlichkeit. Allen voran der Hauseigentümerverband Zürich (HEV) und der KMU- und Gewerbeverband Kanton Zürich (KGV) sowie als Schalt- und Koordinationsstelle das «Forum Zürich». Mit der kaltschnäuzigen Art, wie sie als Geldgeber im Hintergrund Regine Sauter für den zweiten Wahlgang der Ständeratswahlen abservierten und den SVP-Hardliner Gregor Rutz auf den Schild erhoben, haben sie sich vollends ins Rampenlicht katapultiert.
HEV Zürich: Geldmaschine der Immohaie
Schweizweit einzigartig ist das massive finanzielle Engagement des HEV Zürich bei den letzten Wahlen. Mehr als eine halbe Million hat das Zentralkomitee der Immohaie in die Unterstützung von FDP & SVP gebuttert:
Betrag | |
Kampagne HEV Kanton Zürich | 75’000 |
Kampagne HEV Kanton Zürich Yasmine Bourgeois (FDP), Gregor Rutz (SVP) | 70’000 |
Kampagne HEV Region Winterthur | 65’000 |
Beiträge an FDP Stadt und Kanton Zürich | 80’000 |
Beitrag an SVP Kanton Zürich | 50’000 |
Beitrag an die Mitte Kanton Zürich | 30’000 |
Beiträge an FDP-Kandidat:innen (Bourgeois, Farner, Rueff-Frenkel) | 145’000 |
Beitrag an SVP-Kandidat Hans Ulrich Bigler | 50’000 |
Total | 565’000 |
Das alles ohne die Gelder für die Ständerats-Kampagne, die nicht offengelegt werden müssen. Von den 400’000 Franken, die HEV-Vizepräsident und Kandidat Gregor Rutz als Budget genannt hat, dürfte ein substanzieller Anteil aus der Kriegskasse des HEV stammen.
Gewerbeverband: Die Heimlifeissen
Der KGV gehört zu den Heimlifeissen der Politfinanzierung. Laut Geschäftsberichten gab er 2019-2022 im Schnitt 697’000 Franken pro Jahr für «politische Interessenvertretung» aus. Das sind gut 40% des Jahresbudgets. Bei den NR-Wahlen 2023 wollte der Verband zunächst – trotz Offenlegungs- und Transparenzpflicht – still und heimlich weitermachen wie bisher. Erst einen Monat nach Ablauf der Meldefrist und erst nachdem die AL ihn öffentlich aufgefordert hatte, seine Zahlen auf den Tisch zu legen, deklarierte der KGV schliesslich ein Kampagnenbudget von 125’000 Franken. Hier wird offensichtlich tiefgestapelt. Wie Erhebungen von https://politransparency.shinyapps.io/politischewerbung/ zeigen, hat der KGV allein für Werbeschaltungen bei Facebook und Instagram 61’000 Franken ausgegeben. Um sein Budget kleinzurechnen, greift er zu einem buchhalterischen Trick: Ein Teil der Kampagne wird als Imagewerbung für KMU getarnt und so nicht als Wahlwerbung deklariert. Eine Viertelmillion Franken dürfte realitätsnäher sein.
«Forum Zürich»: Zampano Robert E. Gubler
Das bei der Zürcher Handelskammer angesiedelte «Forum Zürich» fungiert als Koordinator und Geldeintreiber bei politischen Kampagnen. Als Strippenzieher wirkt der umtriebige Zampano Robert E. Gubler, bis vor kurzem Inhaber und Chef der PR-Agentur communicators AG. Von 1996 bis 2009 war Gubler Vize und Präsident und seither Ehrenpräsident des KGV. Als langjähriger Geschäftsführer der Vereinigung Zürcher Immobilienunternehmen (VZI), der Dachorganisation der grossen Verwaltungen, zeichnete er verantwortlich für die wenig zimperlichen Abstimmungskämpfe der Immohaie gegen Vorstösse des Mieterinnen- und Mieterverbands.
Martialische Rhetorik
Die Mannen der Rutz-Connection mögens martialisch. «Die Sturmwarnung blinkt» verkündet «Forum Zürich»-Frontmann Gubler in Alarm-Pose und KGV-Präsi Scherrer – von Beruf Messerschmied – wetzt im Facebook-Video buchstäblich die Messer. Sogar Bonvivant Gregor, sonst einem guten Tuch nicht abgeneigt, stürzt sich ins Übergwändli und greift zur Kettensäge. Die ganze Kampagne verströmt einen Macho- und Retro-Groove. Hier wird ein «Bürgerblock» zelebriert, der längst schon Risse aufweist.
Gegenspieler bei «Keine Steuergeschenke für Grossaktionäre»
Das Forum Zürich ist nicht nur bei Wahlen, sondern auch bei Abstimmungen aktiv. Es war federführend bei Abstimmung im September 2022 über die AL-Initiative «Keine Steuergeschenke für Grossaktionärinnen und Grossaktionäre». Hier dürften vor allem Gelder vom KGV und der Handelskammer geflossen sein. Das Nein-Komitee liess in der Werbung reihenweise empörte KMU-ler:innen aufmarschieren, um das unverschämte Dividenden-Steuerprivileg für Multimillionär:innen zu retten. Und schrammte nur äusserst knapp an einer Niederlage vorbei.
Nächste Kampagne: Seeuferweg-Initiative
An der PR-Schaltstelle des «Forum Zürich» sitzt FDP-Mitglied Andreas Schürer, ehemaliger Vize-Chefredaktor der NZZ und seit 2020 Inhaber der PR-Agentur rivedia.com, wo ihm der Jungfreisinnige Lukas Aecherli, persönlicher Mitarbeiter von FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt und Organisator der Rentenaltererhöhungs-Initiative und des Netflix-Referendums, als Projektleiter assistiert.
Schürer und den Strippenziehern der Rutz-Connection werden wir an der nächsten Abstimmung vom März 2024 gleich wieder begegnen: bei der Seeuferweg-Initiative. Gegen aussen tritt hier der von SVP-Präsident Domenik Ledergerber präsidierte und mit ein paar SVP- und FDP-Honoratioren von Gold- und Pfnüselküste bestückte Verein FAiR «Für eine Aufwertung des Zürichseeufers im Recht» in Erscheinung. Neu hinzugekommen ist vor kurzem das Komitee “Nein zur schädlichen Uferinitiative”. Im Komitee-Ausschuss figurieren neben Ledergerber zwei HEV-Exponentinnen: FDP-Kantonsrätin Sonja Rueff-Frenkel, Leiterin Rechtsdienst HEV Aargau und im Beirat des Vorstands HEV Zürich, und Mitte-Kantonsrätin Yvonne Bürgin, Vorstandsmitglied HEV Rüti. Logistik und PR für Verein und Komitee besorgt Schürers rivedia.com, die Geldbeschaffung dürfte über das bekannte Verbändekartell laufen, mit dem HEV Zürich als voraussichtlichem Hauptgeldgeber.
Wann kommt endlich Transparenzpflicht im Kanton?
Leider gibt es im Kanton Zürich immer noch keine Offenlegungspflicht für Wahl- und Abstimmungskampagnen. Zwar wurde im September 2021 die parlamentarische Initiative «Transparenz in der Politikfinanzierung» von SP, Grünen, GLP, EVP und AL im Kantonsrat mit einem satten Mehr von 120 Stimmen – die SVP hielt sich geschlossen abseits – vorläufig unterstützt. Aber seither herrscht Funkstille.
P.S. Dem PR-Mann Andreas Schürer werden wir übrigens am 3. März 2024 noch ein zweites Mal begegnen: Er ist auch Geschäftsführer des Komitees Weltoffenes Zürich, das an vorderster Front für die Flughafen-Erweiterung kämpft.