Immer wieder bin ich erstaunt, dass auch politisch erfahrene Leute sich Illusionen darüber hingeben, was sie mit ihrer konkreten Stimmabgabe bewirken oder eben auch nicht. Wenn wir auf Märkten und Plätzen Wahlflyer verteilen, bekommen wir oft zu hören: «Ich wähle euch», «Ich habe dich gewählt» oder «Ich habe die AL auf meiner Liste berücksichtigt». Zwar haben manche vielleicht bloss Anne-Claude, Olivia, David oder andere AL-Kandidat:innen auf einer Liste von SP oder Grünen hinzugefügt («panaschiert»), sind aber überzeugt, damit einen wirkungsvollen Beitrag zum ersten Nationalratssitz der AL geleistet zu haben. Sie täuschen sich gewaltig.
Es sind die Parteistimmen, stupid!
Natürlich ist es schmeichelhaft, wenn man als Kandidatin oder Kandidat persönliche Sympathiestimmen auf anderen Listen erhält. Aber: Ausschlaggebend für die Sitzzuteilung sind die Parteistimmen. Im Kanton Zürich kann jede:r Wählende 36 Parteistimmen abgeben, da 36 Mandate zu vergeben sind. Damit die AL zu einem Nationalratssitz kommt, braucht sie gut 10’000 Wähler:innen und Wähler oder 360’000 Parteistimmen.
Leere Linien zählen für die Partei
Wer die AL optimal unterstützen will, legt die AL-Liste 8 unverändert ein. Damit erhält die AL alle 36 möglichen Parteistimmen. Auch wenn du einzelne AL-Kandidat:innen auf der Liste 8 doppelt aufführst («kumulierst») und dafür andere streichst, verändert das nur die interne Reihenfolge und es gehen immer noch alle 36 möglichen Parteistimmen an die AL. Das Gleiche gilt, wenn du einzelne Kandidat*innen auf der AL-Liste streichst, ohne andere aufzuführen, denn auch leere Linien zählen für die Partei, die im Listenkopf aufgeführt ist.
Eiserne Regel: Beim «Panaschieren» immer AL Liste 8 nehmen!
Natürlich weiss ich, dass heute immer mehr Menschen nicht einfach eine Parteiliste einwerfen, sondern diese individuell abändern und mit Kandidierenden aus anderen Listen ergänzen. Matchentscheidend ist dabei jedoch, welche Liste du als Ausgangspunkt nimmst. Das macht einen Riesenunterschied:
- Nimmst du die AL-Liste 8, streichst sechs AL-Kandidat*innen und fügst an ihrer Stelle drei Grüne und drei SP-ler:innen ein («panaschieren»), gibst du der AL immer noch das Gros deiner Stimmen: Die AL erhält nämlich 30 von 36 möglichen Parteistimmen (83%), die Grünen und die SP je 3.
- Total anders ist das Ergebnis, wenn du eine andere Liste (z.B. Grüne oder SP) nimmst und darauf die sechs AL-Spitzenkandidat:innen aufführst («panaschierst»): Die AL erhält bloss 6 von 36 möglichen Parteistimmen (17%), die andere Liste dagegen 30 (83%).
Klares Fazit: Panaschieren einzelner AL-Kandidat:innen auf anderen Listen bringt nur wenig. Wenn du eine gemischte Liste zusammenstellst, immer die AL-Liste als Basis nehmen!
Mit der freien Liste wirksam AL wählen
Bei der Nationalratswahl gibt es noch eine leere Liste zum handschriftlichen Ausfüllen (zuhinterst im Wahlzettel-Päckli). Sie ist der Favorit von Wählerinnen und Wählern, die gern linksgrün à la carte wählen und oft nur wenigen Kandidat:innen die Stimme geben. Auch hier gelten die gleichen Spielregeln. Für jede:n Kandidat:in auf der freien Liste bekommt die AL 1 Parteistimme. Leere Linien fallen keiner Partei zu – ausser es wird im Listenkopf von Hand eine Parteibezeichnung hinzugefügt. Wer also eine gemischte Liste zusammenstellt: Immer im Kopf Liste 8 AL – Alternative Liste ergänzen, dann zählen auch bei der freien Liste die leergelassenen Linien für die AL!
Dank grosser Listenverbindung gehen keine Stimmen verloren
Noch ein Hinweis an alle, die zögern, die AL-Liste einzulegen, weil sie befürchten, eine Stimme für die Liste 8 könnte eine verlorene Stimme sein. Dazu besteht absolut kein Anlass. Die AL hat eine Listenverbindung mit SP, Grünen und PdA und deren Unterlisten abgeschlossen. Das bedeutet, dass für die Sitzverteilung alle Stimmen dieser vier Parteien zusammengerechnet werden. Damit bildet Linksgrün einen grossen Wähler:innen-Block und kann bei der Verteilung der Restmandate punkten.
Wenn es für die AL zu einem Sitz reicht, freut uns das riesig. Sollte es nicht klappen, kommen die überschüssigen AL-Stimmen den Grünen oder der SP zugute und verhelfen diesen zu einem Sitzgewinn. So oder so: Wer am 22. Oktober AL Liste 8 wählt, trägt auf jedem Fall zur Stärkung von Linksgrün in Bern bei.