Olivia, du bildest zusammen mit Anne-Claude Hensch, David Garcia Nuñez, Sarah Casutt und Sophie Blaser die «Top-5» der AL-Nationalratsliste. Du bist Heilpädagogin, national vernetzte Stadtimkerin, Casafair Zürich-Delegierte und warst Gemeinderätin.
Warum sollte die AL endlich auch im Bundesparlament vertreten sein?
Wir sind bekannt dafür, Haltung und Gerechtigkeit über strategische Interessen zu stellen. Mit Rot-Grün teilen wir einige Anliegen, und das ganz ohne Bundesratsambitionen. Wir werden bessere Lösungen finden.
Du wirkst immer sehr optimistisch. Wie machst du den Pessimist:innen unter uns Mut?
Die Medien vermitteln den Eindruck eines unversöhnlichen Kampfes zwischen Links und Rechts. Eine provokante Aussage jagt die andere. Ich habe oft mit Leuten zu tun, die politisch auf der anderen Seite stehen, die Probleme anders wahrnehmen und deuten, und andere Lösungen hartnäckig verfolgen. Lassen sich beide Seiten auf ein Gespräch ein, finden sich gemeinsame Wege.
Warum ist der Kampf für die Dunkle Biene so wichtig?
Die Situation der Dunklen Biene steht exemplarisch für den Verlust der Biodiversität. Die Zusammenhänge im Ökosystem sind komplex. Jede Intervention hat Folgen, jede Folge Konsequenzen. Honigbienen sind Sympathieträger, darum sehen wir überall fälschlicherweise Honigbienen, wenn es um das «Bienensterben» geht. Doch Honigbiene ist nicht gleich Honigbiene, und erst recht etwas anderes als eine Wildbiene. Zum Thema empfehle ich den SRF DOK-Film «Das Bienendilemma».
Dein Engagement für die Dunkle Biene hat dir in letzter Zeit auch Erfahrungen mit der Bundesbürokratie beschert.
Die aktuelle Revision der Tierzuchtverordnung ist für die Erhaltung der Dunklen Biene zentral, denn die Erhaltungszucht wird von umfangreicher Freiwilligenarbeit getragen. Doch es braucht eine geregelte Finanzierung, um die wissenschaftlichen Werkzeuge und das Monitoring längerfristig zu sichern. Im Rahmen der Vernehmlassung haben wir viele Unterstützer:innen gefunden, doch das Bundesamt für Landwirtschaft mit Herrn Parmelin an der Spitze zeigt sich davon unbeeindruckt, obschon dies ein einfacher Schritt Richtung Artenschutz wäre.
Du bist in der Bildung tätig. Sind die Bildungsinstitutionen auf gutem Weg?
Auf Volksschulebene ist die bildungspolitische Entwicklung auf dem Holzweg. Dass man den Notenschnitt anheben kann, indem man einfach den Kanton wechselt, sagt viel. Die bürgerliche Mehrheit im Kanton Zürich konnte sich letzthin durchsetzen und beharrt weiterhin auf alten Hüten wie dem Zahlenzeugnis. Das, obwohl belegt ist, dass Noten der Chancengleichheit entgegenwirken, subjektiv sind und sich oft nicht mal schulhausintern vergleichen lassen. Sie demotivieren und sagen gar nichts über die erworbenen Kompetenzen eines Kindes aus.
Zum Thema Wohnen in Zürich: Wo siehst du Möglichkeiten – vielleicht auch über den Verband Casafair, in dem du dich engagierst -, die rabiate Verdrängung von Mieter:innen aus ihren Quartieren zu stoppen?
Vor einer Abrissbewilligung muss geprüft werden, ob eine Sanierung und Verdichtung im Bestand möglich ist. Die Stadt hat Klimaziele zu erreichen. Auch die Pflicht, Autoabstellplätze zu generieren, muss überdacht werden. Parkplätze in Tiefgaragen verteuern die Baukosten enorm und werden über die Mieten amortisiert. Will man grössere Siedlungen abreissen, braucht es eine Etappierung der Bauphasen und eine transparente Berechnung der neuen Mieten. Und über Jahrzehnte gewachsene soziale Strukturen müssen angemessen berücksichtigt werden. Mieter:innen, ermuntert eure Hauseigentümer, dem Verband Casafair beizutreten: Der berät menschen- und klimafreundlich!
Beende die AL-Slogan-Frage «Was wäre, wenn …?»!
Was wäre, wenn statt Polemik wieder Sachpolitik im Vordergrund stünde?!