Geschätzte Anwesende,
ich verlese Ihnen die Fraktionserklärung der AL zur Kundgebung gegen die Gentrifizierung vom Donnerstag, 21.09.2023 in Winterthur
Wie wir gehört haben, kam es am Donnerstag auf dem Archplatz in Winterthur zu einer Kundgebung gegen Gentrifizierung und die kapitalistische Stadtaufwertung in Winterthur. Da Sie offenbar nicht genau wissen, worum es ging, lassen sie mich die Situation in Winterthur kurz erklären: Wie auch in anderen Orten im Kanton Zürich, hat die Bevölkerung in Winterthur mit steigenden Mietpreisen, Gentrifizierung und der damit zusammenhängenden Vertreibung zu kämpfen. Viel billiger Wohnraum in Winterthur gehört der milliardenschweren Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte (SKKG), die in Winterthur 1’700 Wohnungen besitzt. Diese Stiftung will viele dieser Immobilien aufwerten – wodurch tausende Einwohner mit der Frage konfrontiert werden, ob sie sich zukünftig die Miete noch leisten können – dies, obwohl die Stiftung eigentlich gemeinnützig sein sollte. Wir brauchen einen gesamtkantonalen Plan, wie wir mit Gentrifizierung und den ständig steigenden Mieten umgehen wollen.
Doch nicht nur billiger Wohnraum wird durch solche Sanierungen gefährdet, sondern auch selbstverwaltete Orte wie die Gisi, die neben Wohnraum auch seit 25 Jahren ein wichtiger Kultur- und Konzertort in Winterthur ist. Diese Orte beleben Winterthur: in diesem Herbst fand fast jedes Wochenende an in einem alternativen Kultur-oder Konzertort ein Konzert oder ein Hausfest statt, die übrigens als Teil der alternativen Kultur auch ohne staatliche Subventionen auskamen. Diese Orte, die Winterthur bereichern, aber nicht in das enge staatliche Korsett passen, sollten dennoch ihren Platz in unserer Gesellschaft finden. Und genau gegen diese Entwicklung, die etliche Bewohner der Stadt trifft, richtete sich diese Kundgebung. Dementsprechend gut besucht war sie auch.
Die Polizei war im Vorfeld der Kundgebung nervös. Grund dafür war unter anderem, dass in unmittelbarer Nähe zur Kundgebung eine Veranstaltung der SVP stattfand. Die Polizei warnte umliegende Geschäfte vor möglichen Schäden. Offenbar fühlte sich die SVP dadurch, wie wir soeben gehört haben, bedroht. Doch die Befürchtungen erwiesen sich als Schall und Rauch, denn die ganze Kundgebung blieb, all den Unkenrufen zum Trotz, komplett friedlich – genauso übrigens alle anderen Demonstrationen in Winterthur in den letzten Jahren. Es wurde friedlich gefeiert und man war unter sich.
Doch wie wir gehört haben, da war ja noch was: Ja, es ist Wahlkampf und jeder schaut, wie er oder sie auch noch ins Scheinwerferlicht treten kann. So war dies offenbar bei Thomas Matter der Fall: Wahrscheinlich war es am SVP-Anlass so ruhig, dass er bei der Feier auf dem Archplatz plötzlich Mattea Meyer, die an der Kundgebung sprach, gehört haben will. Mit dieser fadenscheinigen Begründung ging er dann zur Kundgebung am Archplatz – ein Schelm, wer da Böses denkt. Dort fand er, oh Wunder, anwesende Medienvertreter:innen und ging mit diesen, nachdem vorerst eine Reaktion der Anwesenden ausblieb, zielstrebig zu den Transparenten bei der Demonstration, um sich dort aufzustellen, statt, wie bei Interviews eigentlich üblich, ein ruhigeres Umfeld zu suchen. Dabei kam es zu erwähntem Getränkewurf.
Meine Damen und Herren, ein solches Benehmen ist nicht die feine englische Art und politisch ebenso wenig schlau. Die Fraktion der Alternativen Liste unterstützt solche Attacken in keiner Weise. Aber wie gesagt, es ist Wahlkampf und hier gilt es dieses offensichtliche Wahlkampfmanöver, das Sie nun zur Gewalttat hochstilisieren, auch klar als solches zu benennen. Genauso wie Sie sich, liebe Bürgerliche, beim “Marsch fürs Läbe” zu Recht eine friedliche Veranstaltung wünschen, braucht es auch an linken Kundgebungen keine solche Provokationen der Gegenseite.