(Illustration: Mieterinnen- und Mieterverband Deutschweiz)
Aufschlagen können die Vermieter:innen im Prinzip nur, wenn die bisherige Miete auf dem Referenzzinssatz von 1.25% beruht. Das ist bei allen Mietverhältnissen der Fall, bei denen die Miete 2020 gesenkt wurde, sowie bei allen seit März 2020 neu abgeschlossenen Verträgen. Der Erhöhungscocktail enthält in der Regel drei Komponenten:
- Erhöhung des durchschnittlichen Hypothekarzinssatzes («Referenzzinssatz»): 3.0% pro Viertelprozent Erhöhung
- 40% der Teuerung gemäss Landesindex der Konsumentenpreise
- Allgemeine Kostensteigerungen
Die Komponenten 1 und 2 sind in Art. 13 und 16 der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen (VMWG) betragsmässig klar definiert.
«Allgemeine Kostensteigerungen»: ein diffuser Begriff
Eindeutig eine toxische Komponente sind die sogenannten «allgemeinen Kostensteigerungen». Ein schwammiger Sammelbegriff. Laut Art. 12 VMWG fallen darunter «Erhöhungen der Gebühren, Objektsteuern, Versicherungsprämien sowie Erhöhungen der Unterhaltskosten»; nicht als Kostensteigerungen gelten dagegen Gebühren und Steuern bei Handänderungen. Verbrauchsgebühren, etwa für Wasser und Abwasser, spielen keine Rolle, da sie in den meisten Verträgen sowieso separat als Nebenkosten verrechnet werden. Grundgebühren für Wasser, Abwasser und Abfall – die leider von vielen Vermieter:innen zu Unrecht als Nebenkosten überwälzt werden – sind ab 2021, der AL-Gebührenpolitik im Gemeinderat sei Dank, massiv gesunken. Objektsteuern sind passé, der Kanton hat die Liegenschaftssteuer bereits in den 1980er-Jahren abgeschafft. Versicherungswerte und Prämien der kantonalen Gebäudeversicherung sind in den letzten 10 Jahren stabil geblieben, die Belastung ist auch 2023 trotz starker Bauteuerung praktisch kaum gestiegen. Bleiben im Wesentlichen also nur noch höhere Unterhaltskosten.
Umstrittene Pauschalen
Für die allgemeinen Kostensteigerungen gibt es in der VMWG keine standardisierten Pauschalen. Und: Die Mieter:innen können dafür eine zahlenmässige Begründung und Belege verlangen (Art. 20 VMWG). Soweit die gesetzgeberische Theorie. In der Praxis operieren die Vermieter:innen jedoch mit Kostensteigerungs-Pauschalen, die im besten Fall 0.25% und im schlimmsten Fall 1.0% pro Jahr ausmachen. Die Standard-Erhöhungen rechnen mit 0.5% pro Jahr. Das ergibt folgenden Mietaufschlag:
Erhöhung Referenzzinssatz | 3.00% |
40% der Indexteuerung | 2.10% |
Allgemeine Kostensteigerungen (0.5%/Jahr) | 1.625% |
Total | 6.725% |
Aggressive CS-Pensionskasse
Am aggressivsten unterwegs ist die Pensionskasse der Credit Suisse, die bei den Mieter:innen im Brunaupark mit 1% Kostensteigerung pro Jahr voll zulangt und insgesamt 8.35% Mieterhöhung einfordert. Bei 0.25% Kostensteigerung resultiert ein Aufschlag von 5.91%, ohne Kostensteigerungspauschale sind es noch 5.10%.
Natürlich gibt es auch die weissen Ritter, die jetzt nicht aufschlagen. Aber aufgepasst: Bei vielen ist das bloss temporär: Sie warten nur die nächste Zinssatzerhöhung auf 1.75% ab, mit der im Dezember gerechnet wird, um dann auf den 1. April 2024 zuzuschlagen. Zu den weissen Rittern gehört laut einer SDA-Umfrage aktuell etwa die SBB. Was den Bahnkonzern allerdings nicht daran hindert, bei Wiedervermietungen, etwa in der neu erstellten «Gleistribüne» an der Zollstrasse, auf die eh schon überteuerten Mieten nochmals 10% draufzuschlagen…
1 Prozent Miete sind 400 Millionen Franken
Im Einzelfall und aus der Froschperspektive mag die Differenz zwischen 0.0%, 0.25%, 0.5% oder 1.0% Kostensteigerungspauschale als geringfügig erscheinen, Der Blick aufs grosse Ganze zeigt ein anderes Bild. Laut Mietpreis-Strukturerhebung zahlten 2021 knapp 2.4 Mio Miethaushalte 39.6 Milliarden Franken Miete; im Kanton Zürich sind es bei gut 500’000 Haushalten 9.8 Milliarden Franken. Mit jedem Prozent Mieterhöhung fliessen schweizweit 400 Mio Franken, im Kanton 100 Mio Franken zusätzlich in die Taschen der Vermieter:innen – eine Umverteilung in grossem Stil!
Überhöhte Kostenpauschalen anfechten!
Mieterinnen und Mieter müssen sich diese Pauschalen nicht gefallen lassen:
- Sie sollten auch Pauschalen von 0.5% anfechten, wenn ihnen nicht nur die Kosten für Heizung und Warmwasser, sondern sämtliche Betriebskosten separat als Nebenkosten verrechnet werden;
- Gar kein Raum für Kostenpauschalen besteht bei weniger als 10 Jahre alten Neubauwohnungen und Wohnungen, die in den letzten 10 Jahren umfassend erneuert worden sind, weil hier kein Unterhaltsbedarf besteht;
- Bei sehr hohen Mieten führen prozentuale Kostenpauschalen – ob 0.25%, 0.5% oder 1.0% pro Jahr – zu einer krassen Überindexierung. Sie werden jeweils mit der Teuerung der Baukosten und steigendem Unterhaltsaufwand begründet. Allerdings betrifft eine allfällige Aufwandsteigerung lediglich den Anteil der Baukosten an der Miete. Bei Hochpreiswohnungen entfällt jedoch der grösste Teil der Miete – 50 Prozent und meist noch viel mehr – auf die Verzinsung des Landwertes, also auf die Bodenrente.
Erhöhungen im MV-Mietzinsrechner überprüfen!
Fazit: Mieterinnen und Mieter sollten vor allem die pauschal geltend gemachten Kostensteigerungen genauer überprüfen. Am besten mit dem Mietzinsrechner des Mieterinnen- und Mieterverbandes (MV), der auch eine Empfehlung abgibt, ob eine Anfechtung angezeigt ist oder nicht. Eine Anfechtung bei der Schlichtungsbehörde muss innert 30 Tagen ab Erhalt der Erhöhung erfolgen, das Verfahren ist kostenlos.
Und selbst wenn der Aufschlag korrekt berechnet ist, können Mieter:innen im Prinzip den resultierenden Mietzins von der absoluten Höhe her als missbräuchlich anfechten und einen übersetzten Ertrag oder einen übersetzten Kaufpreis geltend machen. Eine solche Rendite-Einrede ist allerdings sehr komplex und erfordert anwaltlichen Support von MV-Expert:innen. Eine Möglichkeit zur Anfechtung besteht besonders bei Wohnungen von Immobilienfonds. Denn hier müssen die Anbieter von Gesetzes wegen ihre effektiven Gestehungskosten in den Geschäftsberichten offenlegen. Dazu mehr im Blog über die CS-Connection.