(Bild: Tanzhaus Zürich)
Seit bald drei Wochen befinden wir uns nun in einem regelrechten politischen Kulturkampf wieder, bei dem es vordergründig um die sogenannte Gender-Ideologie der SVP geht. Es ist ihr erklärtes Wahlkampfthema für den Nationalrat. In unserer Fraktionserklärung vor einer Woche zu Stäfa hat Lisa Letnansky das Kind beim Namen genannt: Das Wort «Gender» wird dazu gebraucht, transphobe und queerfeindliche Inhalte zu transportieren. Und Jasmin Pokerschnig hat daran erinnert, dass die Hetze der SVP in unserer demokratischen Kultur ein Fremdelement bildet.
Analysieren wir die Vorfälle in Stäfa und jetzt zur Drag Story Time vor zwei Tagen in Oerlikon, dann wird eines klar: Untergründig werden Transphobie und Queerfeindlichkeit von SVP-Exponenten wie Glarner und Köppel geschickt eingesetzt. Mit negativen, aber unverfänglichen Äusserungen, die für bestimmte Gruppierungen klar verständliche Aufforderungen enthielten, wurde ein Riesenwirbel verursacht. Die Gefolgsleute generierten einen Shitstorm und schüchterten bestimmte Personen oder Organisationen ein. Die Gefährdung von Personen wurde dabei ohne Wimpernzucken in Kauf genommen. Zur so angewandten Strategie des «Dog Whistling» gehört, dass Leute wie Glarner oder Köppel nach erfolgter Eskalation keine Verantwortung übernehmen, weil die Handlungen schliesslich von anderen begangen wurden. Entsprechend versucht sich die SVP hier im Rat angeblich guten Gewissens von Gewaltandrohungen zu distanzieren. Weite Kreise der Zürcher und Schweizer Bevölkerung haben das bereits durchschaut. Was viele aber noch nicht gemerkt haben, ist, dass es den Strippenziehenden in der SVP eigentlich um etwas ganz anderes geht. Die Transphobie und Queerfeindlichkeit sind bei beiden Vorfällen nur Mittel zum Zweck, nämlich:
1. Die Grenzen des Sagbaren, bzw. des Akzeptierbaren zu verschieben, damit
2. die Atmosphäre so vergiftet wird, dass Gruppierungen leicht gegeneinander aufgehetzt werden können und Gegnern Fehler unterlaufen, um
3. unsere politische Gesprächskultur zu schädigen und
4. so letztlich unsere freie Gesellschaft zu spalten.
Diese Saat ist bereits am Aufgehen, wie wir sowohl in Stäfa als auch in Oerlikon sehen konnten. Sind wir bereits in US-amerikanischen Verhältnissen angekommen? Anstatt bei anspruchsvollen Themen in einen gesellschaftlichen Diskurs zu treten und einen Konsens zu erarbeiten, werden Hass und Zwietracht gesät.
Nun sind die bürgerlichen Parteien wie FDP und Mitte, aber auch die GLP und die EVP gefragt. Zeigen Sie Flagge, ansonsten unterstützen sie diese Entwicklung zu mehr gesellschaftlicher Spaltung. Dieser Art von Demokratie-zersetzendem Vorgehen muss Einhalt geboten werden, und auch Sie gehören zur Brandmauer!
Dass die Drag Story Time in Oerlikon sicher durchgeführt werden konnte, verdanken wir übrigens vor allem der Zivilgesellschaft. Zwar war die Polizei anwesend wegen der angekündigten Mahnwache, aber hunderte von Menschen vor und in der Bibliothek sorgten durch ihre Präsenz für Schutz. Von diesem wirksamen und friedvollen Einstehen für einen wegen Transphobie bedrohten Anlass können wir uns alle eine Portion abschneiden. Das ist der Weg, den wir unaufgeregt zu beschreiten haben. Gemeinsam sind wir stark!