Am 15. Februar endete eine Ära in der Stadt Zürich. Mit der Räumung des Koch-Areals verschwindet ein wichtiger kultureller Freiraum und – zumindest vorerst – der letzte seiner Art. Auf dem Koch-Areal wurde Kultur von unten, von und für die Menschen dieser Stadt gemacht. Selbstverwaltet und unkommerziell fanden in den letzten 10 Jahren unzählige Filmvorführungen, Konzerte, Politveranstaltungen statt. Es wurde zudem eine offene Velowerkstatt, ein Radiosender oder ein Druckereikollektiv betrieben. Die Menschen, die auf dem Koch-Areal lebten oder wirkten, haben einen unbezahlbaren kulturellen Mehrwert geschaffen, der kläglich vermisst werden wird.
Mit der Räumung verliert die Stadt aber mehr als nur ihren letzten unkommerziellen und selbstverwalteten Kulturraum. Sie verliert auch ein wichtiges Symbol. Ein Symbol gegen die fortschreitende Gentrifizierung, ein Symbol gegen die Macht der Grosskonzerne und ein Symbol für eine gerechtere, utopische Zukunft. Dieses Symbol wurde uns nun genommen. Dieser Verlust steht jedoch in keinem Verhältnis zum andauernden und realen Verlust von bezahlbarem Wohnraum, dem Verschwinden von Freiräumen und den konstant steigenden Lebenskosten bei gleichzeitig stagnierenden Löhnen. Die Gewalt des Kapitals will auch die letzten geringverdienenden und nicht systemkonformen Menschen aus dieser Stadt drängen. Zürich soll nur noch dem Profit der Grosskonzerne und ihren reichen Bewohner:innen dienen. Diese Entwicklung gilt es mit allen verfügbaren Mitteln zu bekämpfen. Zürich muss eine Stadt sein, die allen Menschen offensteht und in der Kultur auch ohne kommerziellen Erfolgsdruck und kulturbürokratische Vorgaben stattfinden kann. Dass der Stadtrat nun besetzte Häuser wie jene im EWZ-Kesselhaus, dem ehemaligen Sozialzentrum in Wipkingen oder bei der Kaserne auf Vorrat räumen und weiterhin leer stehen lässt, ist ein Affront gegenüber der Bevölkerung dieser Stadt.
Immerhin wird das Koch-Areal nicht leer stehen. Dass dort nun aber genossenschaftliche Wohnungen und Kulturräume entstehen können, verdanken wir massgeblich der Besetzung. Auch wenn der neue bezahlbare Wohnraum nur ein Tropfen auf den heissen Stein sein wird, begrüssen wir diesen natürlich. Wir werden aber trotzdem die dort gelebten Visionen und die kulturelle Vielfalt vermissen und fürchten uns zugleich vor einer Zukunft ohne einen solchen Ort. Nichtsdestotrotz hat die jahrelange und hartnäckige Arbeit der Aktivist:innen eine bessere Zukunft aufgezeigt. Dafür stehen wir in Solidarität und drücken unsere Dankbarkeit aus. Bezahlbarer Wohnraum ist und bleibt ein Menschenrecht, Kultur ist kein Konsumgut und Utopien sollen weiterhin ausprobiert und geträumt werden können.