Den Anbieter:innen von Hochpreis-Wohnungen, die sich in den Kreisen 4 und 5 immer dreister breit machen, ist es schnurzegal, wenn sie genau das zerstören, was sie in ihren Annoncen immer noch blumig anpreisen, nämlich die «bunte und multikulturelle» Umgebung mit ihrem hohen Ausländer:innenanteil, der für eine «grosse Auswahl an internationalen Restaurants» sorgt.
Die Quadratmeterpreise für Wohnraum im Gebiet der Langstrasse gehören heute zu den höchsten der Stadt. 40% der ansässigen Bewohnerschaft verdient nicht einmal halb so viel wie der gesamtstädtische Durchschnitt. Was diese Diskrepanz bewirkt, ist soziale Entmischung auf Raten und damit einhergehend eine Gentrifizierung, die den urbansten Stadtteil Zürichs bald ganz «verdörflicht». Ein bürgerlich dominierter Kanton will dieser Entwicklung sicher nicht Einhalt gebieten, und unsere Stadtregierung aus diversen Gründen ebenfalls nicht, wenn sie ehrlich ist.
Nichts für Landeier! Oder doch?
Auch darum braucht es die fünf Frauen, die für den Wahlkreis 4/5 in den Ring steigen. Sie sind allesamt Verfechterinnen von echt gelebter Urbanität mit allem Drum und Dran, denn Urbanität ohne Diversität gibt es nicht. Sie sind der Überzeugung, dass sich der Einsatz für den Erhalt von zusammengewürfelten Gemeinschaften, wie wir sie in den Kreisen 4 und 5 haben, lohnt und sich im Endeffekt für die gesamte Gesellschaft auszahlt. Denn Diversität, in der alle gleichberechtigt vor- und unterkommen, tut allen gut. Dafür müssen, was die Fundamente der Existenz angeht, die Weichen richtig gestellt sein: Wohnraum, Bildung, medizinische Versorgung, soziale Auffangnetze müssen allen, unabhängig von Alter, Herkunft, Einkommen, Geschlecht oder Aufenthaltsstatus zugänglich sein. Auch an gleichen Rechten für alle muss konstant gearbeitet werden. Als Frauen sind sie sich dessen bewusst, ebenso wissen sie, was es heisst, wenn man berufstätige Mutter, queer oder PoC ist oder ausländische Wurzeln hat.
Geballte Kompetenz
Mit Hinblick auf den Kantonsrat ist ebenso wichtig, dass sich mit dieser Frauenliste eine geballte Ladung an Berufserfahrung präsentiert, von der auch ein Parlament nur profitieren kann. Lisa Letnansky engagiert sich seit Jahren im AL-Vorstand. Sie ist als Produktionsleiterin und Dramaturgin in der eher jüngeren und politisch ausgerichteten Zürcher Tanz-, Theater- und Kulturszene gut vernetzt und setzt sich an der Gessnerallee Zürich für mehr Diversität und für gute Arbeitsbedingungen für Kunstschaffende ein. Christina Schiller ist Sekundarlehrerin und verfügt als ehemalige Gemeinderätin über solides Wissen im Umgang mit den Mitteln der institutionellen Politik und besonders in Finanz-, Sicherheits- und Grundrechtsfragen. Evelyne Zürcher hat in Life Sciences doktoriert und bringt u.a. Berufserfahrung in der Umsetzung von Kreislaufwirtschaft mit. Rahel Nüssli ist als Soziologin und Stadtforscherin in Zürich immer wieder eine gefragte Person. Sie kennt sich mit urbanen Zentren aus, weiss aber auch, was es für eine lebenswerte Agglo braucht. Rahel El-Maawi ist Dozentin für Soziokultur und Beraterin für diversitätsorientierte Organisationsentwicklung. Sie ist Mitbegründerin eines Netzwerks für schwarze Frauen und Co-Autorin von «No to Racism» (siehe Buchempfehlung im AL-Info 1/23).
Face-to-face
Wer die Frauen noch nicht persönlich kennt, kann am AL-Neujahrsapéro (der übrigens von den beiden Spitzenkandidatinnen ausgerichtet wird) die Gelegenheit wahrnehmen, sich ungezwungen unter anderem auch mit ihnen auszutauschen. Ferner ist am 22. Januar ein «Perspektivwechsel»-Spaziergang durch den Wahlkreis 4/5 geplant. Wie würden wir uns in der Stadt bewegen, wenn wir Sans-Papiers wären oder obdachlos, wenn das Geld für den Einkauf im Supermarkt fehlt oder wir uns mit Sexarbeit über Wasser halten?