
Du bist im September für Regula Fischer in den Gemeinderat nachgerutscht. Du bist noch nicht lange in der AL, was müssen wir über dich wissen?
Ich studiere Geschichte an der Uni Zürich und bin dort politisch sehr aktiv in der kriPo (Kritische Politik). Zur AL kam ich über Bekannte vor etwa einem Jahr.
Wieso die AL?
Einerseits braucht es im Parlament eine radikale Linke. Und die SP und die Grünen sind das ganz klar nicht. Die Oppositionsfunktion, die die AL wahrnimmt, ist megawichtig. Sie nimmt damit eine Rolle ein, die es sonst nicht gibt. Die etablierte Linke hat in den letzten 30 Jahren nicht wirklich was zustande gebracht.
Du bist 24. Warum willst du in einem so reformistischen Laden wie dem Parlament mitmachen? Was könntest du von da aus verändern?
Ich finde es wichtig, dass auch in einem Parlament radikale linke Meinungen geäussert werden, damit kann man den öffentlichen Diskurs nach links pushen. Das ist meine vielleicht etwas akademische Sicht im Rosa-Luxemburgischen Sinne. Den Parlamentarismus zu nutzen, um die öffentlichen Strukturen zu übernehmen. Mit Sicherheit lässt sich für uns Linke auf kommunaler Ebene mehr erreichen als auf der nationalen. Nicht nur, weil wir in der Stadt eher linke Mehrheiten erreichen. Vieles, was aktive Menschen bewegt, spielt sich auf Gemeindeebene ab. Hier vor allem in der Wohnpolitik, aber auch in der Schul- oder der Verkehrspolitik. Ich kann mir nicht vorstellen, auf höherer Ebene parlamentarisch aktiv zu sein. Obwohl ich im Moment Hochschulpolitik mache, die auf übergeordneter Ebene stattfindet.
Spielte bei deinem Entscheid eine Rolle, dass die Linke im Gemeinderat eine Mehrheit hat?
Hat sie das denn? Ich würde das in Frage stellen. Es ist sicher einfacher, im Gemeinderat eine Mehrheit zu finden als im Kantonsrat. Aber ich weiss nicht, inwiefern man die Sozialdemokratie im Allgemeinen und speziell die SP als linke Partei bezeichnen kann. Aber ja, es gibt die nominelle Mehrheit von SP, Grünen und AL. Die AL kann als Oppositionspartei die etablierten linken Parteien nach links zwingen. Das sollte ihre Rolle sein.
Trotzdem hast du die Befürchtung geäussert, im Parlament zu kompromissbereit zu werden. Wie meinst du das?
Es ist zwar richtig, dass es die SP in Zürich braucht, um etwas durchzubringen. Aber jeden Kompromiss muss man dafür nicht eingehen. Wenn eine Vorlage nichts oder nur wenig bringt, muss die AL den Mut haben, sie abzulehnen. Entweder ist dann die SP bereit, gemeinsam etwas Besseres durchzubringen, oder dann scheitert auch mal was. Oder sie koaliert mit den Bürgerlichen. Ich bin nicht da, um der SP zur Mehrheit zu verhelfen, ich bin da, um radikale Politik zu machen. Die mache ich natürlich gern gemeinsam mit der SP. Es gibt in Zürich viele Bewegungen, die dem Parlament kritisch gegenüberstehen. Ich möchte diesen aktivistischen Bewegungen eine Stimme im Parlament bieten, ohne mir anmassen zu wollen, deren Sprecher zu sein.
Was sind denn die Themen, die dir am Herzen liegen?
Da habe ich jetzt eine klassische AL-Antwort: Ganz klar die Wohnpolitik. Sie ist der Grund, weshalb ich in der AL bin. Die AL fokussiert auf Themen, die die Menschen in der Stadt betreffen, und politisiert, um den Menschen real zu helfen. Das sehe ich bei den anderen Parteien nicht oder weniger. Bezahlbarer Wohnraum ist ein Menschenrecht und sollte nicht einfach nur eine Ware sein.
Dann natürlich die Bildungspolitik. Es ist enorm wichtig, dass wir Linke uns hier engagieren. Einerseits wegen der Chancengleichheit, aber auch, um die vorhandenen gesellschaftlichen Strukturen, die vom Schulsystem reproduziert werden und die Menschen prägen, aufzubrechen. Unser Ziel ist ja eine gerechtere Welt.