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Die stetig steigenden Krankenkassenprämien stehen seit vielen Jahren in den Top-Five des Schweizer Sorgenbarometers. Sorge und Problem sind real. Die Prämien haben sich in den letzten 20 Jahren verdoppelt, während die Löhne nur um gut 20 Prozent gestiegen sind. Viele Haushalte brauchen heute mehr als 10 Prozent ihres Einkommens dafür. Die Prämien sind nebst den Steuern der häufigste Grund, warum Menschen sich verschulden.Und das, obwohl gut ein Viertel der Haushalte im Kanton Prämienverbilligungen erhält.
Einkommensschwache Haushalte und den Mittelstand bei einer ihrer grössten finanziellen Sorgen zu entlasten, ist seit Jahren ein Kernanliegen der AL. Gerade darum haben wir die SVP-Volksinitiative «Gerechtigkeit schaffen – Krankenkassen-Prämienabzug der Realität anpassen (Gerechtigkeitsinitiative)» wie auch den Gegenvorschlag im Kantonsrat abgelehnt. Die Initiative will den Abzug massiv, der Gegenvorschlag weniger stark erhöhen.
Das SVP-Versprechen, so die Prämienlast zu lindern, klingt für viele verlockend. Auch das Timing ist perfekt: zwei Jahre Corona-Krisenmodus, Krieg in Europa und eine drohende Energiemangellage, die Teuerung und Inflation anheizt. Kaufkraft und Zuversicht eines Grossteils der Bevölkerung schwinden zunehmend. Und nun, zwei Monate vor den kantonalen Wahlen präsentiert die SVP dem Stimmvolk ein populistisches Lockvogelangebot.
Prämienverbilligung für Gutverdienende
Es wird sich zeigen, ob eine Mehrheit die «Gerechtigkeits»-Lüge durchschaut. Initiative und Gegenvorschlag sind alles andere als gerecht. Sie bringen für Kanton und Gemeinden Steuerausfälle von je mindestens 150 respektive 45 Millionen pro Jahr. Das steht in keinem Verhältnis zu den effektiven Steuereinsparungen für den Mittelstand: Bei einem steuerbaren Einkommen von 80’000 Franken sind es gerade mal 62 Franken. Wie bei rechten «Sozialvorlagen» üblich, bringt der SVP-Vorschlag eine weitere Umverteilung von unten nach oben. Wegen der Progression schenken Steuerabzüge bei hohen Einkommen mehr ein als bei mittleren, bei tiefen Einkommen spielen sie überhaupt keine Rolle. Faktisch entspricht der SVP-Vorschlag einer Verbilligung der Krankenkassenprämien für Gutverdienende.
Die Gegen-Argumente sind einfach und klar: Initiative und Gegenvorschlag halten nicht, was sie versprechen, kosten viel und nützen vor allem Gutverdienenden. Will man Sozialpolitik machen, sollte man die Finger von den Steuern lassen. Sie sind dazu nicht geeignet. Statt den oberen Mittelstand und die Superreichen steuerlich zu entlasten, braucht es mehr Mittel für Prämienverbilligungen für Haushalte, die besonders unter der hohen Prämienlast ächzen.