So kurz wie meine paar Voten war auch mein Zwischenspiel im Gemeinderat. Nach 13 Monaten werfe ich das Handtuch.
Mein Engagement im Rat fing mit einem Sprung ins kalte Wasser an und dauerte nicht viel länger als die Aufwärmphase. In dieser kurzen Zeit versuchte ich, meine grossen Ziele nicht aus den Augen zu verlieren, genug Geduld und Durchhaltewillen aufzubringen, mich von den oft komplexen Weisungen nicht entmutigen zu lassen und in akribischer Handwerksarbeit Türchen und Hebel zu suchen, um die Grenzen des Möglichen auszureizen. Oft standen mir meine Grundsatzfragen im Weg: Warum wird so viel schwadroniert und so wenig umgesetzt? Warum dauern auch blosse Schönheitskorrekturen so lange? Wie kann ich nach einer Sitzung bis nach Mitternacht anderntags halbwegs frisch im Geist an der Arbeit erscheinen? Und warum bleiben die politisch möglichen Schritte so klein, wenn die Herausforderungen so gross sind?
Diese Fragen werden mich weiterhin beschäftigen, wenn ich dorthin zurückkehre, wo ich hergekommen bin: aus der Quartierpolitik, der gemeinnützigen Care-Arbeit, aus dem Aktivismus an der Basis.
Mein Rücktrittsentscheid hat 2 Gründe. Erstens: Als ich mich vor über einem Jahr für ein politisches Amt entschied, war ich stellenlos und dachte mir, nun ja, wir haben hier ein Milizparlament, das kann ja nicht so schwierig sein, ich werde das wohl noch schaffen. Zeitgleich mit dem Start im Rat fand ich jedoch auch einen neuen Teilzeitjob. Leider hat sich inzwischen herausgestellt, dass sich meine Präsenzzeiten an der Arbeit mit meinem politischen Amt nicht vereinbaren lassen. Vor die Frage gestellt, entweder mein 60 Prozent Pensum zu reduzieren und im Rat zu bleiben oder das aktuelle Pensum beizubehalten, aber auf die Politik zu verzichten, war die Antwort zwangsläufig einfach: Ich kann mein Pensum nicht reduzieren, weil ich sonst meinen Lebensunterhalt in der Stadt Zürich nicht mehr bestreiten kann. Kurz gesagt, ich kann mir das Parlament nicht mehr leisten.
Der 2. Grund ist ein persönlicher: Eine enge Freundin von mir ist vor ein paar Monaten schwer erkrankt. Es geht ihr inzwischen etwas besser, aber falls sie mich braucht, will ich präsent sein. Ausserdem sind da noch meine alten Eltern, die Unterstützung brauchen, die alleinerziehende Nachbarin in der Krise, die einsame Betagte im Altersheim. Diese Menschen gehören zu mir, ich will meine Zeit mit ihnen teilen. Das ist ja eigentlich das Mindeste, was wir als Einzelne zum solidarischen Miteinander beitragen können.
Ich sage Tschüss und auf Wiedersehen und wünsche meinem Nachfolger Moritz Bögli viel Mut und Unruhe, manchmal Ungeduld aber immer Durchhaltewillen und natürlich viel Spass an der politischen Schwerarbeit.
Ich danke meiner Fraktion und Partei für ihre Unterstützung, ich danke den Gemeinderats- und Kommissionskolleg:innen für den Austausch und die interessanten Gespräche und meinen Wählerinnen und Wählern für ihr Vertrauen und ihre Wertschätzung.