2007 war die AL durch zwei Männer vertreten. Bei den Wahlen 2011 stiess ich dazu und erhöhte den Frauenanteil auf 33 Prozent. Vier Jahre später kamen mit Laura Huonker und Manuel Sahli zwei neue Kantonsrät:innen hinzu. Sie bewirkten dreierlei: Die AL konnte eine eigene Fraktion bilden, der Altersdurchschnitt wurde massiv gesenkt und der Frauenanteil auf 40 Prozent erhöht. 2019 stiess mit Melanie Berner eine weitere Frau zur Fraktion. Wir waren nun zu sechst und überholten die Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU), die nur noch vier Sitze machte und damit keine eigene Fraktion mehr bilden konnte. Mit Melanie stieg der Frauenanteil auf 50 Prozent. Während der Legislatur traten mit Laura Huonker und Kaspar Bütikofer zwei bewährte Kantonsrät:innen zurück. Für sie rückten Anne-Claude Hensch Frei und Nicole Wyss nach. Damit erreichte die AL-Fraktion einen sensationellen Frauenanteil von 67 Prozent.
Gegenseitige Unterstützung ist wichtig
Dass die Öffentlichkeit diesen hohen Frauenanteil noch nicht wahrnimmt, hat nicht mit der konkreten Arbeit der Fraktion zu tun, sondern mit den Vorurteilen, die sich nach wie vor hartnäckig in den Köpfen – vor allem männlicher Medienschaffender – halten. Wie sich die starke Frauenvertretung in der Arbeit der AL-Fraktion auswirken wird, lässt sich aktuell noch nicht genau sagen. Zu frisch sind Melanie Berner und Nicole Wyss in der Fraktion. Es braucht Geduld und jahrelange Einarbeitung, um im komplexen Parlamentsbetrieb voll funktionieren und die richtigen Fragen stellen zu können. Erfreulich ist, dass sich die Frauen innerhalb der Fraktion gegenseitig unterstützen, dass man aufeinander zählen kann und es immer offene Ohren gibt. Das war bei meinem Einstieg in die kantonale Politik anders.
Erfolge sind möglich
Die sechsköpfige AL-Fraktion ist eine Minderheit im 180-köpfigen Kantonsrat. Der Kantonsrat ist traditionell bürgerlich dominiert. Das zeigt sich auch an den
verkrusteten Strukturen. Um in einem solchen Gebilde Erfolge zu erzielen, sind
Hartnäckigkeit und Verhandlungsgeschick gefragt. Dass es die AL braucht,
dafür stehen zwei aussergewöhnliche Erfolge. Ein Coup ist der AL 2009 gelun-
gen. Die Stimmbevölkerung sagte Ja zur AL-Volksinitiative für die Abschaffung
der Pauschalbesteuerung für ausländi sche Millionär:innen. Dank drei AL-
Volksinitiativen und taktischem Geschick in der Kommissionsarbeit konnten wir
erreichen, dass die Prämienverbilligungen stetig erhöht wurden.
Auf neuen Wegen
In einem Parlament, das diverser zusammengesetzt ist, entwickeln sich neue Dynamiken und andere Themen rücken in den Fokus, die vorher undenkbar waren. Als der Frauenanteil 2019 von 33 auf 40 Prozent stieg, waren endlich auch handfeste Verbesserungen für Frauen und die Vereinbarung von Beruf und Familie möglich. Dank der von der SP ins Leben gerufenen «Kooperation» (heute heisst sie «Zukunftsallianz»), einem Bündnis von AL, EVP, GLP, Grünen und SP, fanden Vorstösse für eine höhere finanzielle Beteiligung des Kantons an den Kosten für die ausserfamiliäre Kinderbetreuung eine Mehrheit. Seit verganenem Sommer, seit der Frauenanteil in der Fraktion zwei Drittel beträgt, ist dieser Aufschwung auch innerhalb der AL wahrnehmbar. Wir verlassen die traditionellen, vermeintlich sicheren Pfade mit den einzig „richtigen“ Königswegen und lassen uns auf neue Experimente ein.