(Bild: Verein Zürich City Card)
Der Bon ist das Versprechen, dass die Stadt die Möglichkeiten der City Card prüfen wird. Das Versprechen, dass die Bevölkerung ein Mittel erhalten wird, mit dem sie sich als urbane Gemeinschaft zeigen und sich solidarisch verhalten kann. Aber festgelegt ist nichts.
Der Beschluss des Gemeinderates und die Vorlage des Stadtrates, gegen die das Referendum ergriffen worden ist, lautet nämlich:
“1. Für die Realisierung von Vorbereitungsarbeiten zur Einführung der Züri City-Card wird ein Rahmenkredit von 3,2 Millionen Franken bewilligt.
2. Die Stadtpräsidentin entscheidet über die Aufteilung des Rahmenkredits.”
Es ist unklar, was der Stadtrat mit dieser City Card allenfalls wirklich möglich machen will. In den zugehörigen Berichten sagt er bloss: Man könnte dies, man könnte jenes. Und besonders fehlt das Commitment, alles zu tun, damit Grundrechte der Sans-Papiers beachtet werden. Es fehlt darin die Erklärung der Bereitschaft, für die Grundrechte aus tiefer Überzeugung einzustehen. Viel Feuer hat der Stadtrat bisher nicht gezeigt. Und 3,2 Millionen für solche vorbereitenden Untersuchungen erscheinen als nahezu abschreckend hoch.
In der Motion von SP, Grünen und AL, die den Anstoss zur Vorlage gegeben hatte, ging es besonders um den Schutz der Asylsuchenden: «Die Züri City Card soll allen Einwohner*innen der Stadt Zürich ungeachtet von Herkunft und Aufenthaltsstatus ausgestellt werden und gegenüber Behörden (insbesondere der Polizei) und Privaten als Identitätsnachweis dienen. Der Aufenthaltsstatus spielt keine Rolle, er soll nicht auf dem Ausweis vermerkt werden und die städtischen Behörden sollen auf die Prüfung des Aufenthaltsstatus verzichten.»
Um dieses Ziel zu erreichen, muss politischer Druck aufgesetzt werden. Ein Ja zur Vorlage ist nur ein Ausgangspunkt. In der Umsetzung müssen die folgenden Ziele erst noch erreicht werden:
Erstens
Die City Card erleichtert Sans-Papiers den Alltag. Sans-Papiers werden bei Routine-Ausweispräsentationen bei der Stadtpolizei – Unfallzeugnisse, Anzeigeerstattungen, Strassenkontrollen – nicht behelligt, wenn sie sich mit einer City Card ausweisen können. Sans-Papiers können die City Card im einfachen Verkehr mit Behörden gleich benutzen wie Personen mit Aufenthaltserlaubnis.
Zweitens
Die City Card genügt allen in Zürich wohnhaften Personen als Ausweis im einfachen Verkehr mit Behörden und öffentlichen Einrichtungen: für Auskünfte bei städtischen Stellen, Beratungsangebote, Zugang zu Kindertagesstädten und Prämienverbilligungen, für Zugang zu städtischen Stipendien, Abonnements der Verkehrsbetriebe, Anmeldung bei Spitälern, Einschreibung in Bibliotheken.
Drittens
Die City Card ermöglicht einkommensschwachen Personen, vermehrt am gesellschaftlichen Leben der Stadt teilzunehmen. Sie gewährt vergünstigten Eintritt bei öffentlichen und privaten Einrichtungen – Badeanstalten, Kinos, Sportveranstaltungen, Bildungsangeboten, Läden mit Rabattangeboten. Wie das heute mit der Kulturlegi schon der Fall ist.
Die City Card verstösst entgegen der Meinung der bürgerlichen Gegnerschaft, die das Referendum ergriffen hat, grundsätzlich nicht gegen übergeordnetes Recht.Das haben die juristischen Abklärungen durch der Universität Zürich ergeben. Zudem ist die City Card ein Paket von Massnahmen, die auch einzeln juristisch geprüft werden können.
Aber eben: Wir müssen den Stadtrat in die Pflicht nehmen. Der Stadtrat muss sich nach Erhalt des Kredites wirklich auf die Socken machen und mehr als ein Zürcher Bonuskärtli kreieren. Wir brauchen nicht bloss eine Vergünstigtenkarte für Einheimische, sondern eine Karte des bürgerlichen Zusammenlebens.
Langfristig heisst dies, dass wir uns einsetzen müssen für die Verwischung von Unterschieden und Brüchen, die leider rechtlich und im Selbstverständnis vieler noch bestehen. Unterschiede von Sans-Papiers und hier Lebenden mit Papieren. Von Schweizern und Ausländern, die unterschiedliche Papiere haben. Es soll hier in der Stadt in der ständigen Wohnbevölkerung einfach keine besseren und weniger guten Zürcherinnen und Zürcher mehr geben.
Die Zeit der Bürger minderen Rechts und der Ansässigen oder Stadtburger gehört ins Mittelalter. Es gibt kein Vorrecht der Geburt. Die Aufgabe gleicht der Beseitigung der Hintersassen-Diskriminierung in der frühen Neuzeit.