Im Gemeinderat war letzte Woche unsere Interpellation zum Abbruch der Arealüberbauung Wydäckerring aus den 1970er-Jahren kurz Thema. Private und Stadt hatten das Areal jahrzehntelang gemeinsam genutzt. Der Abbruch der städtischen Wohnhäuser markierte das Ende dieser Zusammenarbeit – jetzt gähnt dort eine riesige Baugrube.
2011 kontaktierten die privaten Nachbareigentümer:innen das Amt für Städtebau. Eine gemeinsame Instandsetzung wurde geprüft, aber verworfen. Zusätzlich prüfte die Stadt mit einer Machbarkeitsstudie eine gemeinsame Arealüberbauung mit Personalwohnungen, Schule und Betreuung. Auch dieser Plan wurde verworfen. Die Nachfrage nach kleinen Wohneinheiten sei rückläufig. und eine Gesamtsanierung kompliziert und teuer, weil die privaten mit den städtischen Bauten untrennbar verbunden seien. Zudem könne mit der Grenzbereinigung und einer Umzonung dringend benötigter Schulraum im Schulkreis Letzi generiert werden.
Das war dann auch die Rechtfertigung für den Total-Abriss. Die Privaten werden nun grössere Wohnungen bauen, die Stadt kümmert sich um die Umzonung ihres Areals für den Schulraum.
Die Würfel sind also einmal mehr bereits gefallen, wenn sich der Gemeinderat zum Schulhauskredit äussern darf. Grundsätzliche Fragen hätte man bereits vor zehn Jahren diskutieren müssen – als sich abzeichnete, dass die Stadt den Bedarf an Schulraum gegen den ebenso dringenden Bedarf an günstigen Wohnungen ausspielen würde.
Nur einen Katzensprung davon entfernt sollen in naher Zukunft auch die drei noch gut erhaltenen Personalhäuser des Stadtspitals Triemli abgerissen werden. In der Architekturkolumne vom 11. Dezember 2021 auf tsri.ch ruft das Architekturkollektiv ZAS* dazu auf, den geplanten Abbruch nochmals zu überdenken und alternative Nutzungen zu prüfen, statt mit einem Abbruch die im Beton enthaltene graue Energie freizusetzen.
In einer dringlichen schriftlichen Anfrage vom 5. Januar 2022 richtet die AL folgende Fragen an den Stadtrat: Warum sollen die Triemli-Wohnhochhäuser abgerissen werden, bevor alternative Nutzungen dieser Gebäude abgeklärt und künftige Nutzungen des geplanten «Parkareals» beschlossen sind? Die Vorstellungen über den «Park» sind nämlich noch völlig unausgegoren. Sie reichen von der Errichtung eines «Gesundheitsclusters» für ergänzende medizinische Leistungen über ein Hotel für ambulante Patient:innen, der Unterbringung von Angehörigen von Spitalpatient:innen bis hin zu einer Öffnung fürs Quartier mit Spielplätzen und Einrichtungen für die Quartierbevölkerung.
Bis die Frage der Arealnutzung geklärt ist, bietet sich eine Zwischennutzung der Triemlihochhäuser geradezu an. Die oberen Geschosse wurden bereits geringfügig saniert und grosse Gemeinschaftsräume eingerichtet, als die Bewohner:innen des Altersheims Trotte dort vorübergehend eine Heimat fanden. Ich kenne einige, die dort sehr gern wohnen würden, nicht nur wegen der Aussicht, sondern auch, weil sie dringend auf eine neue Bleibe angewiesen sind.
Und wir Parlamentarier:innen und gewählten Vertreter:innen der Quartiere sollten solchen «Abbruch-auf-Vorrat»-Szenarien auch aus demokratischen Überlegungen sehr kritisch gegenüberstehen, denn sie schränken die Mitgestaltung und politische Einflussnahme stark ein. Oder wollen wir, dass parlamentarisches Abnicken von «faits accomplis» wie beim Wydäckerring einfach zur Regel wird?
Aus: P.S. vom 21. Januar 2022