Der Wahl- und Abstimmungssonntag vom 13. Februar 2022 naht. Nicht nur bei den Stadt- und Gemeinderatswahlen werden die Resultate mit Hochspannung erwartet, auch beim Massnahmenpaket zugunsten der Medien ist der Ausgang offen. Traut man den Umfragen, haben die Gegner:innen im Moment die Nase vorn.
Bei Ausgangslage und Problemanalyse scheint in beiden Lagern Einigkeit zu herrschen: Erstens: Die mediale Abdeckung und Einordnung des (politischen) Alltags ist in einer demokratischen Gesellschaft unverzichtbar. Zweitens: Die Digitalisierung hat die Schweizer Medienlandschaft nachhaltig umgekrempelt. Damit ist es aber auch vorbei mit der Einigkeit.
Klares JA der AL
Dreh- und Angelpunkt der Gegenkampagne ist der vorgesehene Ausbau der indirekten Presseförderung. Keine Steuermilliarden für Medienmillionäre – dieser Slogan könnte von der AL kommen. Auch optisch stellen die Plakate der Nein-Kampagne mit Magenta und knallgelb im Zürcher Stadtbild einen Bezug zur Alternativen Liste her. ABER die Alternative Liste steht hinter dem Medienpaket und hat an der Vollversammlung Ende November klar die JA-Parole beschlossen.
Nein-Komitee mit aufgebauschten Zahlen
Mit massiv aufgebauschten Zahlen versuchen die Gegner:innen den Eindruck zu erwecken, von den zusätzlichen Mitteln würden primär Grossverlage profitieren. Ja, von den zusätzlichen Mitteln werden – wie bisher schon – auch Grossverlage profitieren, aber nur zum kleineren Teil. 2020 haben vor allem kleinere und mittlere Zeitungen wie die Engadiner Post oder der Willisauer Bote von der Zustellermässigung profitiert. In die Verteilung von Zeitungen der drei grössten Medienhäuser, Ringier, Tamedia und CH-Media, sind lediglich rund 20 Prozent der Mittel geflossen. Laut Bakom wird sich die Mittelverteilung nach Annahme des Medienpakets nur geringfügig verändern. Auch in Zukunft kommt der Grossteil der Gelder kleineren und mittleren Verlagshäusern zugute.
Linke Parolen mit rechtem Hintergrund
Mit ihrem knackigen Slogan versuchen die erfahrenen Werbeprofis offenkundig bei Mitte-Links Nein-Stimmen zu fischen. Schaut man sich aber den Absender an, wird man hellhörig. Referendumsmacher sind Peter Weigelt, Ex-FDP-Nationalrat und im Kalten Krieg verantwortlich für die antilinken «Trumpf Buur»-Inserate, der mit einem Callcenter Millionen gemacht hat, und der Rapperswiler Verleger Bruno Hug, ein Mann mit handfesten medialen und politischen Ambitionen; als Komitee-Geschäftsführer fungiert der Ex-«Weltwoche»-Scharfmacher Philipp Gut. Auch bei den Unterstützer:innen weht der Wind klar von rechts: neben ein paar verirrten Mitte-Politiker:innen finden wir die SVP, eine unter dem Druck von rechts eingeknickte FDP, flankiert vom neoliberalen Wirtschafts-Think-Tank Avenir Suisse, economiesuisse und der rechtslibertären Massvoll-Bewegung. Diese Kreise haben sich noch nie für Medienvielfalt stark gemacht und stehen in der Regel zuvorderst, wenn es darum geht Milliarden an Millionäre zu verteilen. Die Referendumsmacher und ihre Hintermänner wie der Herr C.B. aus H. verfolgen eine klare medienpolitische Agenda. Sie sind an einer finanziellen Schwächung der Bezahlmedien interessiert, um Aufkäufe zu tätigen und das Land mit ihren Gratismedien zu fluten.
JA ist eine Investition in die Zukunft der Medien
Das Massnahmenpaket Medien ist ein Investment in die Zukunft des Medienplatzes Schweiz. Es soll sicherstellen,
- dass Arbeitsplätze erhalten bleiben,
- dass die Ausbildung von Medienschaffenden gewährleistet ist,
- dass der Presserat als Selbstregulierungsorgan der Branche weiterhin wirken kann,
- dass sich aufstrebende Onlinemedien entwickeln können, ohne vom Goodwill finanzstarker Financiers oder mächtiger Werbekunden abhängig zu sein.
Die Versorgung der Bevölkerung in der Schweiz mit demokratierelevanten Informationen soll weiterhin flächendeckend gewährleistet werden, in möglichst allen Landessprachen und auch abseits der politischen und wirtschaftlichen Zentren. Die Versorgung der Bevölkerung mit qualitativ hochstehenden journalistischen Inhalten ist Service public. Durch das Wegbrechen der gut durchmischten Werbekunden auf den herkömmlichen Kanälen (Zeitungen und Zeitschriften, Radio und Fernsehen) haben die Einflussmöglichkeiten einzelner Werbekunden und finanzstarker Financiers zugenommen. Um diesen Zustand zu brechen, der die Medienvielfalt bedroht, brauchen die Medien finanzielle Unterstützung, die unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Interessen ist. Darum ist ein JA zum Massnahmenpaket zugunsten der Medien so wichtig.
* Interessenbindung der Autorin: Melanie Berner ist Fachverantwortliche Medienpolitik bei der Gewerkschaft SSM Schweizer Syndikat Medienschaffender. Seit 2019 hat sie sich beruflich auf nationaler Ebene für eine kanalunabhängige Medienförderung eingesetzt.