Sofern das Zürcher Stimmvolk 2022 dem Modell Tagesschule zustimmt, wird dieses bis 2030/31 an allen Schulen eingeführt. Die Tagesschule beinhaltet heute Essen und Betreuung zum Einheitstarif von 6 Fr. an gebundenen Mittagen, d. h. an Tagen mit Nachmittagsunterricht. Im Zentrum der Tagesschule steht der «Lebensraum Schule». So soll das Zusammenwachsen von Schule und Betreuung einen Rahmen bilden, sodass jedes Kind die Aufmerksamkeit bekommt, die es braucht.
Die Herausforderungen sind dabei riesig. Nur schon die Arbeitszeiten der Betreuenden stellen die Leitungen Betreuung vor grosse Aufgaben: Bereits heute ist es so, dass über Mittag am meisten Personal gebraucht wird – was zur Folge hat, dass viele Betreuende zu sehr kleinen Pensen die ganze Woche über am Mittag arbeiten. Dabei gäbe es einen Weg, die Arbeitsbedingungen für die Betreuenden zu verbessern, nämlich indem die Schule diese als Schulassistenzen einsetzt. Nur: Schulassistenzen sind eine Lohnstufe tiefer eingestuft als die Facharbeitenden Betreuung (FaBe). Hortleiter:innen (meist Sozialpädagog:innen) kommen für einen solchen Einsatz gar nicht infrage: Die Lohnschere ist zu gross. Auch für FaBes ist es finanziell nicht attraktiv, obwohl sie viel Know-how mitbringen und für Lehrpersonen eine Entlastung wären. Betreuende, die trotzdem als Schulassistent:innen arbeiten, stehen vor einem weiteren Problem: Sie haben im selben Haus zwei Arbeitgeber:innen – Schulleitung und Leitung Betreuung. Beide setzen die Betreuenden nach Bedarf ein, was in der Praxis so aussehen kann: Die Schulleitung schickt sie morgens in die Klassen; um 12 Uhr, wenn die Schulassistent:innen Mittagspause hätten, wechseln sie die Funktion und arbeiten bis 14 Uhr, d. h., sie arbeiten sechs Stunden ohne Pause.
Das Modell der Schulassistenzen wird zurzeit an einzelnen Schulen getestet und soll die heutigen Klassenassistenzen ablösen. Wer wird heute als Klassen- oder Schulassistent:in eingestellt? Entweder Externe, was für die Kinder eine zusätzliche Betreuungsperson bedeutet, oder aber es werden Betreuungsassistent:innen angestellt, die nicht immer qualifiziert sind, was für Lehrpersonen Mehraufwand generiert. Zudem müssen Schulleiter:innen wie auch Leitungen Betreuung mit der gleichen Person je ein Jahresgespräch führen – eine unsinnige Praxis.
Was braucht es, damit das «System Schule» mit dem «System Betreuung» zum Lebensraum Schule zusammenwächst? Das Schul- und Sportdepartement, respektive die Stadt sollten dafür sorgen, dass Schulassistent:innen in der gleichen Lohnstufe angestellt werden wie FaBes. Dann sollten fixe Klassenteams gebildet werden, damit sowohl Lehrpersonen wie auch Heilpädagog:innen und Schulassistent:innen einen Klassenzug gemeinsam begleiten.
Ein weiteres Problem bei der Zusammenführung von Schule und Betreuung sind die unterschiedlichen Arbeitzeitberechnungs- und IT-Systeme: Lehrpersonen wie auch Betreuende sollten in einem gemeinsamen Dienstpool zusammengefasst werden, um die Idee des Klassenteams umzusetzen. Es braucht für beide Bereiche gemeinsame Entwicklungs- und Planungszeit, damit der Lebensraum Schule auch inhaltlich ein Gewinn für die Kinder bringt.