(Bild: Stadt Zürich Hochbaudepartement)
Punkt 1: Uns liegt heute im Gemeinderat ein sogenanntes Gesamtpaket vor, das von den Grundeigentümern, der Verwaltung und dem Stadtrat in einem langwierigen 15-jährigen Prozess geschnürt wurde. Die Stadt ist darauf so stolz wie eine Marathonläuferin im Ziel. Der beratenden Kommission wurde wohl auch deshalb von Anfang an und seit einem Jahr immer wieder eingeimpft, dass sich an diesem Gesamt-Package aus städtebaulichen Verträgen «sur son lit de» Sonderbauvorschriften nicht «herumschräubeln» lasse, ansonsten das ganze Konstrukt auseinanderfalle und Tabula rasa auf Kosten von Industriezeugen und gemeinnützigen Wohnungen drohe.
Das wirft die Frage auf, was denn an dieser Stelle des Entwicklungsprozesses die parlamentarische Arbeit überhaupt noch soll. Hätte sich die Stadt hier ein reines Kopfnickergremium gewünscht? Und die Gegenfrage: Besteht unsere Aufgabe und Funktion nicht auch darin, über den Tellerrand zu blicken und jene Aspekte ins Spiel zu bringen, die in unseren Augen bei den Verhandlungen zu kurz gekommen sind, gerade weil es die Stadt hier mit einer zeitweise sehr kapriziösen Verhandlungspartnerin ABB zu tun hat, die sich ihrer Überlegenheit als Grundbesitzerin äusserst bewusst ist?
Punkt 2: Im gleichen Kontext muss hier erwähnt werden, dass die Stadt unserer Kommission anscheinend auch nicht zutraute, mit den mit ABB, AXA und dem Kanton eingegangenen städtebaulichen Verträgen adäquat umzugehen. Trotz mehrmaliger Aufforderung von Seiten der Kommission erhielten die Mitglieder keine vollständige Einsicht – bis dann die RPK wie eine «grosse Schwester» intervenierte. Ist die Panik der Stadt so gross, die Grundbesitzer könnten einen Rückzieher machen, sobald demokratisch legitimierte Prüfungen erfolgen? Und: Ginge es nicht alle Bewohner:innen dieser Stadt etwas an, wer, wie, wo und warum ganze Stadtteile umgestaltet?
Punkt 3: Was ist «verhältnismässig»?
Obiges vorausgeschickt, hat es sich ein Teil der Kommission nicht nehmen lassen, dennoch dringende Änderungen an den SBV vorzunehmen, auch wenn diese in den Augen von Verwaltung und Stadtrat allesamt die sogenannte Verhältnismässigkeit anritzen. Angesichts der grossen Fragen (menschenverträgliche Verdichtung, Knappheit an günstigem Wohnraum, städtisches Hitzeproblem, Verlust von Grünraum) halten wir keine unserer Forderungen auch nur ansatzweise für masslos. Leider werden einige unserer Anträge – so sinnvoll sie auch sind – es nicht an der staatstragenden SP und der eigentümerfreundlichen FDP vorbeischaffen.
a) Die SP feiert Ende dieser Woche das 10-jährige Drittelsziel-Jubiläum. Wir fragen uns: «Was gibt es zu feiern, wenn wir gerade heute wieder eine Chance verpassen, im Gebiet Neu-Oerlikon den Anteil an günstigen Wohnungen massiv zu erhöhen?» Das Angebot an Billigwohnungen ist knapp, die Abbruchmanie verknappt zusätzlich, gemäss diverser Volksbeschlüsse hätte die Schaffung von günstigem Wohnraum oberste Priorität – und die Stadt gibt sich mit dem Baufeld D7 zufrieden. 250 gemeinnützige Wohnungen stehen hier dereinst den Baufeldern D11-13 der ABB gegenüber. Auf diesen dürfen sich die zukünftigen Bauherren austoben – möglich sind 450 Wohnungen à 100m2, vielleicht sind es dann auch mehr, und der Preis richtet sich am Markt.
Hier fordert die AL zweierlei: Der Stadtrat muss mit den Privaten das aushandeln, was er rechtlich und vom Kanton abgesegnet durchaus dürfte: nämlich 100% der Mehrausnützung nach Art 49b PBG, die die Grundeigentümer als Geschenk, das die Städter:innen ihnen machen, ansehen sollten, in Form von preisgünstigen Wohnungen einzufordern. Also das Baufeld D7 und ein zu bestimmender Anteil von günstigen Wohnungen auf den Baufeldern der ABB. Das wäre immer noch verhältnismässig und eine echte Win-Win-Situation für alle Beteiligten.
Zusätzlich müssen Privatgrundbesitzer stärker in die Verantwortung genommen werden, wenn es um altersgerechten UND günstigen Wohnraum geht. Dies fordern wir in einem Begleitpostulat, weil wir uns bewusst sind, dass die Stadt, ihre Stiftungen und die Genossenschaften die grosse Herausforderung nicht allein stemmen können, in den nächsten Jahren unserer älteren Bevölkerung angemessenen Wohnraum zu garantieren.
b) Mit dem zusätzlichen Erwerb des Baufelds D6 rettet die Stadt nicht nur auf Dauer die Halle 550, sondern sichert sich im Namen der Zürcher Kultur und der Kreativwirtschaft auch Baugrund für ein Bürogebäude. Der Nutzen eines zusätzlichen Gebäudes dieser Art wird sich uns sicher zu einem späteren Zeitpunkt noch erschliessen. Die AL steht dem nicht per se im Weg, möchte dieses Baufeld aber unbedingt mit einem Mindestwohnanteil belegen und appelliert hier an die Fantasie und Kreativität aller Beteiligten, diesem Ansinnen zuzustimmen. Der Bedarf an Wohnungen oder Wohnateliers für Musiker:innen, Theaterleute oder Kunstschaffende steht unbestritten fest. Eine Mischform lässt sich sicher finden.
c) Eine grosse Mehrheit in der Kommission ist sich einig, dass jede Form von hotelartiger Nutzung auf allen Baufeldern, wo Wohnungen gebaut werden, nichts im Wohnanteil verloren hat. Es ist erfreulich, dass dieser Antrag durchkommt. Bei einem Wohnanteil von nur 50% ist es jedoch nicht erstaunlich, dass auch die Privateigentümerschaften damit leben können, wie wir gehört haben.