Fragt man ältere Menschen, reden sie über die Ankündigung von Stadtrat Andreas Hauri, die Warteliste der Stiftung Alterswohnungen (SAW) abzuschaffen. Das im Mai 2021 vorgelegte Konzept hat den Sturm der Entrüstung nicht überlebt. Inzwischen wird mit einer unter dem Namen «so nöd» aktiven Gruppe von Betroffenen über alternative Vergabemodelle diskutiert. Das ist sehr gut.
Was aber passiert beim Angebot? Hat der Stadtrat eine Idee, wie er «für ein an der Nachfrage orientiertes Angebot» an Alterswohnungen sorgt, wie das die Gemeindeordnung seit 2011 verlangt?
Am 8. November hat Stadtrat Andreas Hauri die erste Zwischenbilanz seiner Altersstrategie vorgelegt. Im P.S. wird Hauri wird mit der kernigen Aussage zitiert: «Wir wollen, dass die älteren Menschen ein selbstbestimmtes Leben in der Stadt Zürich führen können, unabhängig von ihrer finanziellen, sozialen und gesundheitlichen Situation». Und: «Wir sind auf Kurs».
Richtiger Ansatz, aber kein Plan
Gilt das auch für das selbstbestimmte und bezahlbare Wohnen im Alter? Hauri hat am 8. November angekündigt, dass die Stiftung Alterswohnungen ihr Angebot bis 2035 um 1000 Wohnungen erhöhen werde. Die Medien haben die Mitteilung anerkennend verbreitet.
Niemand hat erwähnt, dass der Gesamtstadtrat im September 2020 angekündigt hat, den Wohnungsbestand der Stiftung bis 2029 um 600 zu erhöhen. 14 Monate später verkündet Andreas Hauri, dass die Stiftung bis 2035 weitere 400 Wohnungen anschaffen werde. Sie wolle Liegenschaften kaufen, Kooperationen mit anderen Bauträgern eingehen und kleine Satellitensiedlungen einrichten.
Das ist ein richtiger Ansatz. Ein Plan, die an der steigenden Nachfrage leidende Stiftung aus der Krise führen, ist das (noch) nicht.
Bedarf ist viel höher
Diese Krise ist dramatisch. 900 Haushalte melden sich jedes Jahr für eine Wohnung der Stiftung an. Sie kann aber nur 150 Wohnungen vermieten. Wegen dem Mangel musste die Stiftung das Angebot für «Notfälle» einschränken. Bisher erhielten Mieter*innen, die in einer gekündigten Wohnung leben, 12 Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist ein Wohnungsangebot. Diese Frist ist auf 4 Monate verkürzt worden.
Bekannt ist zudem, dass in der Stadt Zürich die Zahl der abgerissenen Wohnungen weiter steigt. Bis Ende September sind 1500 Wohnungen dem Bagger zum Opfer gefallen – 50% mehr als im bisherigen Spitzenjahr 2016. Hinzu kommen Leerkündigungen wegen Sanierungen. Es ist damit zu rechnen, dass jedes Jahr 2000 Mieter*innen ihre Wohnungen verlieren, ohne dass ihnen ein Ersatzangebot gemacht wird. Darunter viele ältere Menschen mit beschränktem Budget.
«Plus 2000»
Deshalb fordert die am 6. Oktober lancierte Volksinitiative «Mehr Alterswohnungen für Zürich (Plus 2000)», dass die Stadt das Angebot an bezahlbaren Alterswohnungen bis 2035 um 2000 erhöht. Die Wohndelegation des Stadtrats müsse sich endlich mit dem Thema auseinandersetzen und einen Plan vorlegen.
Dass dieser Plan nicht vorliegt, ist kein Problem. Nicht akzeptabel ist, dass Andreas Hauri dies nicht sagt – und den Bedarf an bezahlbaren Alterswohnungen nicht quantifizieren will.
Die Plus-2000-Initiative ist von Aktivist*innen der Gruppe «so nöd» und des Mieter*innenverbandes lanciert worden. Sie wird von der Grünen Partei, der AL, unia, Avivo und EVP unterstützt. www.mehr-alterswohnungen.ch