Im Bewusstsein um die Komplexität dieser Materie hat er sich lange Zeit gelassen, um seine Lösungsvorschläge juristisch und politisch gut verankern zu können. Das Resultat ist ein breit gefächertes, mehrstufiges Massnahmenpaket, dessen Ziele sich aber hauptsächlich auf zwei Bereiche konzentrieren. Erstens möchte der Stadtrat Sans-Papiers aus ihrer strukturell bedingten Isolation herauslösen und ihnen mittels der „Züri City Card“ die Teilnahme am städtischen Alltagsleben ermöglichen. Ferner soll die reale materielle Situation der Sans-Papiers durch die Senkung von Eingangshürden zu staatlichen Grundversorgungsangeboten optimiert werden.
Der Stadtrat übernimmt endlich die Deutungshoheit
Für die AL stellen die vorgeschlagenen Massnahmen eine ausserordentlich gute Nachricht dar. Endlich verlässt der Stadtrat den Raum der wohlgemeinten Worte und stellt einen in sich stimmigen Handlungsplan vor, um eines die brennendsten Probleme dieser Stadt reduzieren zu können. Mit grosser Freude stellen wir auch fest, dass mit diesem stadträtlichen Schritt eine radikale Änderung der bisherigen Optik auf die Situation der Sans-Papiers eingeläutet wurde. Mit seinem Bekenntnis zur „Urban Citizenship“ überwindet der Stadtrat den bisherigen migrationspolitischen Deutungsrahmen. Anstatt das fremdenfeindliche Integrationsgebot zu verfolgen, thematisiert er, wo und wie er allen Menschen in der Stadt das Recht ihre Rechte wahrzunehmen, ermöglichen will. Er scheut sich auch nicht die Kosten für dieses Vorhaben transparent aufzuzeigen. Für diese Wende wollen wir ihm gratulieren.
Eine breit gestützte Forderung der Zivilgesellschaft
Ein noch grösserer Dank gilt jedoch der Zivilgesellschaft und insbesondere dem Verein „Züri City Card“. Seit Jahren haben viele dessen Mitglieder die Öffentlichkeit für dieses Problem sensibilisiert und dem Stadtrat 2018 eine äusserst erfolgreiche Petition überwiesen. Glücklicherweise reagierte der Gemeinderat damals schneller als die Exekutive auf die Forderungen der Bevölkerung. Wäre das Parlament damals dem Stadtrat gefolgt, stünden wir heute nicht an dieser entscheidenden Wegkreuzung. Es ehrt die AL, dass sie als politischer Übertragungsriemen bei der Einführung der städtischen Identitätskarte dienlich sein konnte.
Zürich, 11. November 2020