Gratulation, du bist neue AL-Kantonsrätin! Hast du lange überlegt?
Nein. Ich befinde mich jetzt in einer idealen Lebensphase und ergreife die Gelegenheit. Wir Frauen zieren uns da vielleicht zu oft. Ich stellte mich schon 2014 zur Wahl, weil ich mir ein Mandat vorstellen konnte. Nun freue ich mich darauf und bin gespannt auf Einblicke in die Mechanismen der Politik.
Wie sieht deine berufliche Situation aus?
Letzten Herbst beschloss ich, im Claro-Laden aufzuhören und mich weiterzubilden. Bei Capito, einer Organisation, die sich für leichte und einfache Sprache beispielsweise in Abstimmungsanleitungen einsetzt. Oftmals verstehen Menschen die kompliziert formulierte Sprache der Behörden nicht. Die Weiterbildung kommt mir in meiner Tätigkeit mit Menschen mit Migrationshintergrund zugute. Und auch als Kantonsrätin will ich die Sprache im Auge behalten.
Du bist in der Schulpflege engagiert. Wie geht es dort weiter?
Ich bin an einem Sek-Schulhaus in Stettbach für die Kreisschulbehörde tätig. Ich engagiere mich dort sicher noch ein weiteres Schuljahr, ein Wechsel zu diesem Zeitpunkt wäre für die Schule mühsam geworden. Ich bin schon seit 2014 im Amt und finde Kontinuität wichtig. Ich konnte bis jetzt wertvolle Erfahrungen sammeln und bin bereit, bis zum Ende der Amtsperiode zu bleiben. Das ist ja zum Glück mit meinem Kantonsratsmandat vereinbar.
Wie geht es weiter?
Ich rechne schon damit, 40% meiner Zeit in den Kantonsrat zu investieren. Bevor es losging, war ich nicht nervös, obwohl ich bereits in meiner ersten Sitzung fünf Voten halten musste. Ich kann gut hinstehen. Das hilft. (lacht) Zudem hatte ich zuvor bereits an drei Fraktionssitzungen teilgenommen. Ich fühlte mich in der Fraktion sehr willkommen und genoss die gute Atmosphäre. Von Laura übernehme ich die Kommission für Justiz und öffentliche Sicherheit (KJS).
Wie bist du zur AL gekommen?
Ich bin ein Kind des Wahlerfolgs von Richi Wolff. Ich habe mich sehr über seine Wahl gefreut und darüber mit Catherine Rutherford, damals noch Gemeinderätin, gesprochen. Sie hat mich dann für die Gemeinderatswahlen 2014 der Findungskommission vorgeschlagen. Seit damals bin ich dabei.
Du hast ein sehr gutes Wahlergebnis erzielt.
Ich bin bei der Wahl gleich vom 12. Platz auf den 4. vorgeschnellt. Ich bin in Seebach als Präsidentin des Vereins «Zusammenleben im Kolbenacker» sehr gut vernetzt. Ich singe im Chor und bin aktiv im Quartier. Ich kenne die Leute und mache gerne politische Arbeit. Ich spreche mit den Menschen auf dem Markt, höre ihnen zu und interessiere mich für ihre Anliegen und Meinungen. Das ist sicher eine meiner Stärken: Ich komme sehr schnell mit allen Leuten in Kontakt.
Wie wurdest du politisiert?
Ich habe das politische Geschehen schon immer aufmerksam verfolgt. Die Grundrechte sind mir wichtig. Seit 9/11 ist mir aufgefallen, dass immer mehr an diesen Errungenschaften genagt wird, unter dem Deckmantel der Kontrolle. Ich habe dann vermehrt bewusst darauf geschaut, wo Gesetzte verschärft und Freiheiten abgebaut werden. Ich komme aus einer politischen Familie, am Esstisch war Weltpolitik oft ein Thema. Vor allem in Erinnerung bleiben mir die Diskussionen zwischen meinem älteren Bruder und unserem Vater zur Apartheid in Südafrika und dem Kampf von Nelson Mandela. Weiter in Erinnerung ist mir, dass sich mein Vater in einem Komitee gegen das Frühfranzösisch engagiert und knapp verloren hat. Das hat mich gelehrt hinzustehen, wenn man etwas zu sagen hat. Und zuzuhören, wenn man sich die Meinung erst bilden will. Das möchte ich auch als Kantonsrätin leben und so den Kreis meiner Wählerschaft vertreten.
Interview: Dayana Mordasini
Aus AL-Info 3/20