Obwohl immer wieder gesagt wird, dass vor dem Virus alle gleich sind, wissen wir inzwischen, dass das nicht stimmt. Daten aus den USA weisen darauf hin, dass Schwarze US-Bürger*innen und People of Color überproportional oft an einer Covid-19 Erkrankung sterben. So seien beispielsweise in Louisiana fast 70% der Covid-19-Todesopfer Schwarze US-Amerikaner*innen und dies bei einem Bevölkerungsanteil von gut 30%. Hohe Armut, fehlende Krankenversicherungen, beengte Wohnverhältnisse und Anstellungen im Niedriglohnsektor, wo das Arbeiten von Zuhause oft nicht möglich ist, werden als mögliche Ursachen genannt.
Eine Studie aus Genf ist zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen. Menschen, die in Genf bis zu 3 Stunden für Lebensmittelpakete anstehen mussten, wiesen eine überdurchschnittlich hohe Infektionsrate auf. Sans-Papiers machten 52% der Anstehenden aus, 75% waren Frauen, 11% gaben an, dass sie zu viert in einem Zimmer schlafen müssen.
Auch in Deutschland zeichnet sich ein ähnliches Bild ab. Nach dem Corona-Ausbruch beim Fleischbetrieb Tönnies sagte der zuständige Gesundheitsminister Restaurantschliessungen seien nicht nötig, weil die meisten Tönnies-Angestellten gar nicht in Restaurants gehen würden. Es handle sich nicht um eine Infizierung quer durch die Bevölkerung, sondern es handle sich um Menschen, die „an weiten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens gar nicht teilnehmen“. In Deutschland kam eine Studie zum Schluss, dass das Risiko an Covid-19 zu sterben bei Hartz-IV-Empfänger*innen fast doppelt so hoch sei als bei Erwerbstätigen.
Es stellt sich die Frage, ob sich diese Situation auch in der Stadt Zürich zeigt. Neben Faktoren wie prekäre Arbeitsbedingungen, schlechter gesundheitlicher Zustand und enge Wohnverhältnisse sind natürlich auch die Kosten für den Schutz vor einer Infektion entscheidend. 20 Hygienemasken kosten in der Migros CHF 19.70, also kostet eine Maske etwa 1.-. Eine Person am Existenzminimum wird sich also zweimal überlegen, ob sie eine Maske im öffentlichen Raum tragen will und ob sie es sich leisten kann jedes Mal eine neue Maske zu gebrauchen. Dasselbe gilt bei der Verwendung von Desinfektionsmittel. So wird für diese Menschen die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zusätzlich erschwert.
David Garcia Nuñez und ich haben den Stadtrat aufgefordert in einem Bericht den sozioökonomischen Hintergrund von Covid-19 Patient*innen aufzuzeigen. Insbesondere soll dabei auf die Frage eingegangen werden, ob auch in der Stadt Zürich Menschen aus dem Tieflohnsektor überproportional oft an Covid-19 erkrankt sind. In einem weiteren Schritt braucht es dann gezielte Massnahmen, um auch diesen Teil der Bevölkerung adäquat unterstützen zu können. Denn auch sie dürfen nicht allein gelassen werden.