«Anja ist eine gute Skifahrerin. Anja ist Walliserin. Also müssen alle Walliser*innen gute Skifahrer*innen sein!»
Aus zwei bekannten Fakten einen Fehlschluss zu ziehen, wird als Scheinlogik bezeichnet. Genau das ist der Fall bei der Nationalitätennennung. Die zwingende Nennung der Nationalität in Polizeimeldungen, wie sie die Transparenzinitiative der SVP und der Gegenvorschlag verlangen, führen zu pauschalisierenden Schlüssen und damit zu Vorurteilen gegenüber Ausländer*innen.
Ausgangslage
Seit 2017 nennt die Zürcher Stadtpolizei die Nationalität von Straftäter*innen nur noch auf Anfrage. Die SVP störte sich so stark daran, dass sie eine Initiative auf Kantonsebene startete, welche die zwingende Nennung der Nationalität und eines allfälligen Migrationshintergrundes bei Straftäter*innen verlangt. Der Zürcher Regierungsrat hat einen Gegenvorschlag zur Initiative ausgearbeitet, welcher nur die Nennung der Nationalität verlangt. Dieser Gegenvorschlag wurde am 9. März 2020 von einer Mehrheit des Zürcher Kantonsrates angenommen. Das Kernproblem der Initiative – die automatische Nennung der Nationalitäten in Polizeimeldungen, die einen direkten Zusammenhang zwischen Nationalität und Straftat suggerieren, den es so nicht gibt – bleibt jedoch auch beim Gegenvorschlag bestehen.
4 Gründe für ein Nein zu Scheinlogik:
1. Nationalität hat keinen Einfluss auf die Straffälligkeit einer Person
Sämtliche Studien zum Thema belegen: Ausschlaggebend für die Straffälligkeit einer Person sind Faktoren wie Bildung, soziale Schicht oder andere prägende Begebenheiten im Leben einer Person. Sämtliche dieser Faktoren sind politisch oder gesellschaftlich veränderbar, die Nationalität einer Person aber nicht. Der Schluss, dass Ausländer*innen wegen ihres andersfarbigen Passes straffälliger sind als Schweizer*innen, ist reine Scheinlogik. Wie auch alle Schweizer*innen unterschiedlich sind, sind das auch Ausländer*innen.
2. Echte Transparenz statt Informationen ohne Kontext!
Nur die wenigsten Zürcher*innen lesen die Medienmitteilungen der Polizei, viel mehr sind es Medien, die die Bevölkerung über Straftaten informieren. Wird in einer medialen Berichterstattung die Nationalität der straffälligen Person genannt, ist dies oftmals aus dem Kontext gerissen. Transparenz über die vielschichtigen Faktoren schafft die jährliche Kriminalstatistik, in welcher die Zürcher Stadtpolizei und die Kantonspolizei Zürich die Bevölkerung über alle Erkenntnisse über Straftaten informieren.
3. Gemeindeautonomie statt kantonale Bevormundung!
Der Stadtzürcher Beschluss, die Nationalitäten nur noch auf Anfrage zu nennen, geht auf einen parlamentarischen Vorstoss im Zürcher Gemeinderat zurück. Die Regelung betrifft nur die Stadt Zürich, welche über einen eigenen Polizeikorps verfügt, um stadtspezifischen Anliegen besser begegnen zu können. Die Regelung auf Kantonsebene bedeutet einen massiven Eingriff in die Gemeindeautonomie der Stadt Zürich und hebt einen demokratisch legitimierten Entscheid auf.
4. Keine Zweitklassschweizer*innen!
Die SVP-Initiative verlangt zusätzlich zur Nennung der Nationalitäten auch die Nennung eines allfälligen Migrationshintergrundes auf Anfrage und schafft damit eine Unterscheidung zwischen Schweizer*innen mit und Schweizer*innen ohne Migrationshintergrund. Der Begriff „Migrationshintergrund“ ist in keinem Gesetz geregelt und somit willkürlich. Zusätzlich wird damit eine Ungleichbehandlung von Schweizer Bürger*innen vor dem Gesetz installiert, was gegen unsere Verfassung verstösst.