Ergänzend zur Interpellation der SVP vom 29. April 2020 und der schriftlichen Anfrage der FDP vom 13. Mai 2020 bitten wir den Stadtrat um die Beantwortung der folgenden Fragen zu den Zwischennutzungen auf dem Juchareal.
- Die AOZ hat die Barackensiedlung auf dem Juchareal zuerst als Durchgangszentrum und später für den Testbetrieb eines Bundesasylzentrums genutzt. Das Areal gehört der Stadt Zürich, die Baracken der AOZ. Bitte um Angaben der vertraglichen Vereinbarungen zwischen AOZ und Stadt Zürich zur Nutzung des Areals und zur Historie des Vertragsverhältnisses.
- Nach der Besetzung des Juchareals und dem Beginn der Zwischennutzung durch das Juch-Kollektiv kam es aufgrund der Arbeiten auf der benachbarten Baustelle für das Eishockey-Stadions zu einer Bodenabsenkung. Was war der exakte Grund für die Absenkung? Welche Massnahmen mussten getroffen werden? Wer haftet für die Schäden? Wäre die von der AOZ angestrebte künftige Nutzung des Areals für die Unterbringung von Asylsuchenden aufgrund der Schäden noch realisierbar?
- Gemäss ursprünglichem Plan sollte die Zwischennutzung des Juch-Kollektivs am 24. April 2020 beendet und das Juch-Areal der Generalunternehmerin für den Bau des Eishockeystadions für zweieinhalb Jahre als Bauinstallationsplatz übergeben werden. Ein entsprechender Vertrag soll vorgelegen haben. Bitte um Angabe der unterzeichnenden Vertragsparteien und aller wesentlichen Bestandteile des Vertrags. Sind im Vertrag oder in ergänzenden Vereinbarungen Abmachungen im Zusammenhang mit der Bodenabsenkung getroffen worden (Haftung, materielle oder finanzielle Leistungen)? Wie wurden die Interessen der AOZ als Eigentümerin der Baracken und Nutzerin des Areals berücksichtigt?
- HRS bürgt als Generalunternehmer für die Fertigstellung des Eishockeystadions. Die engen Platzverhältnisse waren der HRS bei der Offertstellung zweifellos bekannt, allfällige Mehrkosten dürften im Angebot eingepreist gewesen sein. Gab es Hinweise, dass sich die Fertigstellung des Eishockeystadions verzögert hätte oder gar in Frage gestellt gewesen wäre, wenn das Juchareal nicht als Bauinstallationsplatz hätte gemietet werden können? Wofür wird die HRS den Bauinstallationsplatz in welcher Bauphase nutzen?
- Am Mittwoch 20. Mai 2020 um 12 Uhr hat die Stadt Zürich dem Juch-Kollektiv per Mail mitgeteilt, dass die Zwischennutzung am Freitag 22. Mai um 24 Uhr beendet werden müsse. Für den Fall, dass das Areal dann nicht geräumt sei, würde Strafantrag wegen Hausfriedensbruch gestellt. Haben vor dieser Mitteilung Gespräche zwischen HRS und Stadt Zürich über den Zeitpunkt der Übernahme des Juch-Areals durch die HRS stattgefunden? Was war Gegenstand, was Ergebnis dieser Gespräche?
- Hat der Stadtrat beschlossen, an der Beendung der Zwischennutzung durch das Juch-Kollektiv per 22. Mai 24 Uhr festzuhalten?
- Bereits über 12 Stunden vor dem offiziellen Räumungstermin zeigte sich die Stadtpolizei am 22. Mai mit einem grossen Aufgebot präsent. Dabei wurden Personen, die sich gemäss Ansicht der Polizei beim Juchareal “versammeln” wollten, teils für das gesamte Stadtgebiet weggewiesen. Die Polizei stützte sich dabei gemäss eigener Aussage auf die Covid-19-Verordnung sowie das kantonale Polizeigesetz. Was waren die internen Vorgaben für diesen Einsatz? Erachtet der Stadtrat Wegweisungen für das gesamte Stadtgebiet für verhältnismässig, um Personen von einem klar begrenzten Areal fernzuhalten? Wie viele Wegweisungen wurden insgesamt ausgesprochen?
- Inwiefern ist die gewaltsame polizeiliche Räumung eines Areals grundsätzlich mit den Vorgaben der Covid-19-Verordnung vereinbar? Wie kann der Zweck dieser Verordnung, welche die Verbreitung des Virus zu stoppen als oberstes Ziel hat, dabei eingehalten werden? Welche besonderen Vorkehrungen wurden von der Polizei im Vergleich zu anderen Räumungen getroffen? (Bitte um konkrete Beispiele)
Die Stadt Zürich ist bei Besetzung von Arealen, die sich in ihrem Besitz befinden, in einer Doppelrolle. Zum einen muss sie als Eigentümerin einen Strafantrag stellen, damit die Stadtpolizei das Areal räumt. Zum anderen muss sie gewährleisten, dass die Zürcher Praxis im Umgang mit Besetzung von Arealen eingehalten wird. In jüngerer Vergangenheit ist wiederholt darüber diskutiert worden, ob eine Abbruchbewilligung allein genügend sei für eine Räumung. Im Fall des besetzten Landoltareals an der Brandschenkestrasse wurde dies von der Stadtpolizei bejaht. Die Folge war, dass nach Räumung der Liegenschaft im Februar 2012 über mehr als ein Jahr eine Brache entstand. Im Gegensatz dazu hat Mobimo im Januar 2014 nicht auf der Räumung des Labitzkeareals bestanden, obwohl eine Abbruchbewilligung vorlag. - Ist der Stadtrat der Meinung, dass der Räumung einer Zwischennutzung im Hinblick auf einen Abbruch oder eine Übergabe der Fläche an einen Dritten ein Grund für eine Räumung sein kann?
- Ist der Stadtrat bereit, das Merkblatt der Stadtpolizei «Hausbesetzungen in der Stadt Zürich» so zu präzisieren, dass eine Räumung verhindert werden kann, wenn eine Brache entstehen würde (Landolt-Areal) oder eine andere Zwischennutzung angestrebt wird?