Im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie wurden einschneidende Massnahmen getroffen. Bis jetzt ist aber der Schutz der Mieterinnen und Mieter nicht gewährleistet. Der Bundesrat scheint sich vielmehr auf die Seite der Vermieter zu schlagen: Versprach Bundesrat Parmelin zu Beginn noch «Hilfe wird kommen», bot er am Freitag, 27. März, dann aber so gut wie nichts: Die Frist für Mieter, die nicht zahlen können, wird von 30 auf 90 Tage verlängert. Zügeln sei nach wie vor möglich. Letzteres steht im krassen Widerspruch zur Vorgabe des Bundes «stay at home» und lässt sich in der Praxis kaum mit den Gesundheitsvorgaben vereinbaren.
Das genügt überhaupt nicht! Es braucht jetzt ein klares Machtwort des Bundesrats, nicht nur bei Wohnungsumzügen. Der – damals notabene 100 Prozent bürgerliche – Bundesrat hat 1914 hat bereits vorgemacht, wie heute zu handeln wäre.
1914: Bundesrat erlässt Mieterschutzmassnahmen
Gestützt auf die bei Kriegsbeginn vom Parlament erteilten Vollmachten erliess der Bundesrat am 26. August 1914 einen ersten Beschluss zur angemessenen Erstreckung der Auszugsfristen bei Ausweisungen, falls eine Notlage des Mieters vorliegt. Am 14. Juni 1917 folgte der Bundesratsbeschluss zum Schutz von Mieterinnen und Mietern gegen Mieterhöhungen und Kündigungen, der die Kantone zum Erlass von Schutzbestimmungen ermächtigte.
2020: Bundesrat muss jetzt eingreifen
Mieter und Vermieter sollten «den Dialog pflegen» und «Einzelfall-Lösungen suchen», hat uns am Freitag Bundesrat Parmelin beschieden und uns klar gemacht, auf wessen Seite er steht: Vom «normalen Rechtsweg» werde der Bundesrat «nicht abweichen» (also kein Notrecht für in Not geratene Mieterinnen und Mieter). Der Bundesrat verkennt die Lage. Solange die Corona-Krise andauert, müssen folgende Massnahmen ergriffen werden:
- Alle Vermieterkündigungen, auch bereits ausgesprochene, müssen bis Ende September 2020 aufgeschoben werden. Dies gilt besonders für gesundheitlich gefährdete Menschen.
- Der Bundesrat muss raschestmöglich klären, wer umziehen kann und wie die mietrechtliche Situation zu regeln ist, sollte ein Umzug nicht möglich sein.
- Es braucht einen Fristenstillstand für alle Fristen, von denen private oder Geschäftsmieterinnen – und Mieter negativ betroffen sind.
- Es braucht einen Kündigungsschutz für Mieterinnen und Mieter, die wegen Lohnausfall oder der Schliessung von Geschäftsräumlichkeiten ihre Miete nicht mehr bezahlen können. Dies auch rückwirkend, nach Ende der Krise.
- Geschäftsmieter*innen müssen für die Dauer der Zwangsschliessung die Mietzinsen erlassen werden.
- Alle Ausweisungen müssen suspendiert werden.
- Falls der Bund oder die Kantone Unterstützungsleistungen für Vermieter*innen gewähren, muss dabei zwingend garantiert sein, dass solche Leistungen nur Vermieter*innen zukommen, die keine missbräuchlichen Mietzinse verlangen.
Die Immobilienbranche hat in den letzten Jahren zig Milliarden an leistungsfreien Profiten eingestrichen. Es darf nicht sein, dass die Menschen sich jetzt bei den Banken verschulden sollen, um ihre Mieten zu bezahlen, und der Bundesrat sich auf die Seite der Vermieterlobby schlägt.