Im Juli letzten Jahres drohte die FDP im Rat aus einer Laune heraus, die Weisung zum Gestaltungsplan abzulehnen. Zu grün sei die Vorlage, und «links-sozialistische Elemente müssten raus», wie Severin Pflüger später vermelden liess. Die SP geriet in Panik und griff in die Mottenkiste der Gemeindeordnung. Die Weisung ging zurück an die Kommission. Die Schuld wurde den Grünen zugeschoben. So wurde eine dringend notwendige Debatte über städtische Wohnbaupolitik vorzeitig abgeklemmt.
Heute ist die Weisung zurück im Gemeinderat. Die Anträge sind insgesamt nicht weniger grün, nur ein halbes Jahr älter. Die Ausbeute der zeitlichen Verschleppung ist insgesamt mager, aber SP und FDP konnten sich je einen Brocken zuwerfen: Einem neuen moderat grünen Antrag der SP auf 10% Fassadenbegrünung auf jedem Baufeld stimmt die FDP zu. Im Gegenzug findet der einzige FDP-Antrag dank SP nun eine Mehrheit: Die BZO-Bestimmung für dicht bebaute Zentrumszonen, wonach Wohnnutzungen im Erdgeschoss nicht möglich sind, wird aufgehoben. Damit rückt der Gestaltungsplan noch weiter weg von der Idee eines lebenswerten Quartiers. War es das wert, SP?
Wir wiederholen hier unseren Anspruch an die Überbauung: Damit die Zürcher Bevölkerung auf Dauer die Verdichtungsstrategie mitträgt, muss das Bauprojekt Thurgauerstrasse ein vorbildlicher Baustein in der Umsetzung der Vision der polyzentrischen Stadt werden, ein städtisches Zentrum mit allem, was den Namen verdient. Dafür muss das Gebiet weit über den Gestaltungsplan hinaus betrachtet und geplant werden. Dafür muss, wie die AL in ihrer motivierten Rückweisung an den Stadtrat fordert, der Gestaltungsplanperimeter ausgeweitet werden, damit das Ausnützungspotential des Grubenackerquartiers eingeplant werden kann. Dafür muss die Stadtplanung von ihrem ein-seitigen Fokus auf das Verdichtungsziel wegkommen. Und dafür müssen die für den Erfolg des Projekts wichtigen Player, zuvorderst die Wohnbaugenossenschaften, ernst genommen werden. Deren Vertreter bemängelten in der Kommission, dass der Gestaltungsplan «schon bis aufs letzte Haus» dastand, bevor sie einbezogen wurden. Wäre dies früher geschehen, hätte man das weitere Dutzend Kritikpunkte im Gestaltungsplan aufnehmen können. Und der frühzeitige Einbezug des Grubenackerquartiers hätte ihm zu mehr Akzeptanz verholfen.
«Hätte, wäre, könnte» – das vorliegende Projekt ist eine Anhäufung von verpassten Chancen und mit all den Reparatur-Anträgen und -Vorstössen nicht zu retten. Ein bisschen Partizipationskultur, ein bisschen Quartier- und Stadtplanung, ein Baum mehr oder weniger oder ein bisschen Hilfeleistung für die AnwohnerInnen im Grubenackerquartier sind nicht gut genug. Wir haben uns aus diesem Grund entschieden, bei allen Anträgen zur Weisung in die Enthaltung zu gehen. Zusätzlich wird die AL-Fraktion das von der IG Grubenacker initiierte Volksreferendum gegen das Projekt unterstützen und sieht einer fruchtbaren und visionsreichen Debatte ausserhalb des Parlaments optimistisch entgegen.