Am 15. Januar hat AL-Fraktionschef Andreas Kirstein zusammen mit FDP-Gemeinderat Albert Leiser folgende Motion (GR 2020/8) eingereicht:
«Der Stadtrat wird beauftragt, dem Gemeinderat eine Weisung für eine befristete Reduktion von 50% der Grundgebühren von DIB Wasser in Form eines Bonus 2021 – 2022 vorzulegen. Dieser ist so zu gestalten, dass er auch den Mieterinnen und Mietern direkt zugute kommt.»
Um dem sinkenden Abschreibungsbedarf – ein Grossteil der Anlagen war bereits abgeschrieben – Rechnung zu tragen, hat der Gemeinderat 2009 eine Senkung des Wassertarifs beschlossen und sowohl die Grund- wie die Verbrauchsgebühr spürbar gesenkt. Dabei wurde der Stadtrat ermächtigt, die Verbrauchsgebühr um 10 Prozent zu erhöhen oder zu senken.
Per 1. Januar 2016 hat der Stadtrat davon Gebrauch gemacht und die Verbrauchsgebühr um 10 Prozent gesenkt (STRB 2015/1002). Anlass war das unerwartete Anschwellen der betrieblichen Gewinn-Reserven, die bisher als «Ausgleichskonto» und neu mit dem revidierten Gemeindegesetz als «Eigenkapital» firmieren. Bei der Tarifrevision von 2009 hatte man für 2015 mit 31.9 Mio Franken gerechnet, effektiv waren es aber dann 117.5 Mio Franken.
Auch bei der Tarifsenkung 2016 wurden Annahmen getroffen, die sich bereits kurz danach als unzutreffend erwiesen. Für 2018 rechnete der Stadtrat mit einem leichten Absinken des Eigenkapitals auf 112.9 Mio Franken, tatsächlich aber stieg dies auf 140.8 Mio Franken. Ab 2019 kommt hinzu, dass die Wasserversorgung die aktuellen Abschreibungsempfehlungen des Branchenverbands SVGW übernimmt, wonach die Anlagen über einen längeren Zeitraum abgeschrieben werden sollen. Entsprechend halbierten sich die Abschreibungsbeträge: im Budget 2020 sind dafür 13.2 Mio Franken weniger vorgesehen als 2018.
All das führt dazu, dass sich auch die im STRB 2015/1002 getroffenen Annahmen bereits jetzt als Makulatur erweisen. Rechnete der Stadtrat für 2026 damals noch mit 84.6 Mio Franken Eigenkapital, sind es gemäss aktuellen Berechnungen bereits 248.0 Mio Franken.
Das ist eindeutig nicht im Sinne des Erfinders. Gemäss § 29 Abs. 2 des kantonalen Wasserwirtschaftsgesetzes dürfen öffentliche Wasserversorgungen der Gemeinden lediglich «kostendeckende Anschluss- und Benützungsgebühren oder Benützungsgebühren allein» erheben. Die Bildung von Eigenkapital ist damit nur im Sinne einer Ausgleichsreserve erlaubt, um grössere Schwankungen bei Einnahmen und Ausgaben aufzufangen.
Mit der gemeinsam mit FDP-Gemeinderat und Hauseigentümerverbands-Direktor Albert Leister eingereichten Motion setzt AL-Fraktionschef Andreas Kirstein eine vor 15 Jahren eingeleitete Allianzpolitik fort, die in den vergangenen Jahren erfolgreich zu mehreren Tarifsenkungen bei ERZ Abwasser und ERZ Abfall geführt hat und noch führen wird. Dahinter steht die verbindende Erkenntnis, dass städtische Werkgebühren Grundeigentümer*innen direkt als Schuldner*innen und die Mieter*innen indirekt über die Mietnebenkosten betreffen. Und damit gemeinsamer Handlungsbedarf besteht.
Das Fazit: eine soziale Gebührenpolitik ist auch in lagerübergreifenden Koalitionen möglich – eine Tatsache, die Grüne und SP manchmal nur ungern akzeptieren, weil sie hohe Gebühren mit einem Bekenntnis zum service public verwechseln. Die von der AL/FDP-Koalition durchgesetzten aktuellen Tarifreduktionen bei Abfall (50% der Grundgebühr 2020-21) und Abwasser (Erlass Grundgebühr 2020-21) und die geplante bei der Wasserversorgung (50% Grundgebühr) können sich sehen lassen: sie schlagen mit rund 57 Mio Franken pro Jahr zu Buche. Das macht gut so viel aus wie die 3 Steuerprozente, um die die SVP den Steuerfuss für 2020 senken wollte. Mit dem Unterschied, dass unsere Reduktion auch Menschen zugute kommt, die kaum oder wenig Steuern bezahlen.
GR 2020/8 Motion Andreas Kirstein (AL) und Albert Leister (FDP)