Gestützt auf ein vom Gemeinderat überwiesenes Postulat hat der Stadtrat auf Antrag der Vorsteherin des Sicherheitsdepartements heute beschlossen, Restaurants und Bars mit bewilligten Aussenflächen im Rahmen eines Versuchs an sechs Wochenenden im Juli und August 2020 zu erlauben, ihre Gäste draussen bis 2 Uhr zu bewirten.
Bei seinem Entscheid verkennt der Stadtrat, dass die Gerichtspraxis dem klar entgegensteht. In einem Grundsatzentscheid hat das Zürcher Baurekursgerichts 2015 klargestellt, dass für einen Restaurationsbetrieb über Mitternacht hinaus nicht wie bisher eine Polizeibewilligung, sondern eine Bewilligung der örtlichen Baubehörde erforderlich ist. Damit wird Anwohnerinnen und Anwohnern, die sich gestört fühlen, ermöglicht, sich auf dem Rechtsweg zu wehren. Die Öffnungszeiten einer Boulevardgastronomie werden grundsätzlich im Bauentscheid geregelt. Sie können aufgrund von berechtigten Klagen der Nachbarschaft angepasst werden. Die Öffnungszeiten richten sich in erster Linie nach der Lage des Boulevardgastronomie-Betriebs und berücksichtigen die Lärmempfindlichkeit der Umgebung. 2018 hat das Bundesgericht in einem Entscheid zu einer geplanten Aussenwirtschaft an der Zwinglistrasse explizit festgehalten, dass in Innenhöfen eine Bewirtschaftung nach 22 Uhr verboten ist und dass in diesem Fall der Schutz der Wohnbevölkerung höher zu werten sei.
Zwar will er Aussenwirtschaften in Innenhöfen vom Testbetrieb ausnehmen, aber ansonsten ignoriert der Stadtrat die geltende Rechtsprechung. Die erweiterten Öffnungszeiten sollen pauschal für ganze Quartiere gelten. Zudem ist die Stadt Zürich an zwei der sechs für den wissenschaftlich begleiteten Testbetrieb vorgesehenen Wochenenden ohnehin schon im Ausnahmezustand (1. August und Street Parade). Wie soll ein solcher Versuch zu aussagekräftigen Ergebnissen führen?
In den letzten Jahren ist der öffentliche Raum in Zürich immer mehr kommerzialisiert worden. Gleichzeitig wurde die Wegweisungspraxis verschärft und alles «Störende» verdrängt. Die Langstrasse wird von Privaten illegalerweise videoüberwacht. Die geplanten «Mediterranen Nächte» sind ein weiteres Puzzlestück dieser Politik. Die AL lehnt diese zunehmende Kommerzialisierung des öffentlichen Raums entschieden ab.
13. November 2019
Christina Schiller, Gemeinderätin