Am 1. November ist das Bundesasylzentrum auf dem Duttweilerareal (BAZ) in aller Heimlichkeit in Betrieb genommen worden. Nach dem Umzug der Geflüchteten und der AOZ-Mitarbeitenden genügte ein Wochenende, bis die Meldungen von entnervten Angestellten und verzweifelten Bewohner/-innen «nach draussen» drangen. Der Schock sitzt tief – weil im Duttweiler nicht die AOZ das Sagen hat, sondern die vom Staatssekretariat für Migration (SEM) beauftragte Securitas.
Die Fakten: Wer vom Ausgang zurück ins Zentrum will, wird jedes Mal gefilzt, auch Kinder. Wer drinnen ist, muss bis zu dreimal pro Tag die Wärter/-innen ins Zimmer lassen, die jeden Winkel kontrollieren. Frauen müssen beim Einzug ihr Schminkzeug abgeben. Deos und Kugelschreiber sind für alle verboten. Das Essen schmeckt niemanden. Auf Essbedürfnisse wird keine Acht genommen. Wenn’s Sosse gibt, wird sie über die Esswaren gekippt. Milchprodukte darf man nicht ins Zentrum nehmen, Brot oder Früchte nur, wenn man die Kaufquittung vorweisen kann. Fürs selber Kochen fehlt die Infrastruktur. Nachts um halb Zehn gibt es noch 30 Minuten lang Brot mit Konfitüre. Um 22 Uhr darf man nicht einmal mehr heisses Wasser kochen. Wer vergessen hat, die Thermoskanne mit warmem Wasser aufs Zimmer zu nehmen, muss bis zum Morgen auf den Tee warten.
Im Duttweiler ist alles klar geregelt. Beim Eintritt gibt es eine Rolle WC-Papier. Wer nach Gebrauch sein Kartonrügeli zurückbringt, kriegt eine Neue. Tickets für den Nahverkehr erhält nur, wer zum Arzt muss. Wenn es dämmert, gehen die Rollläden automatisch runter. Jeder kennt diese Art von Leben. Es ist das Gefängnis.
Was ist aus den Anstrengungen geworden das Bundesasylzentrum zu humanisieren? Was ist aus dem Versprechen des Stadtrats geworden, Zürich werde Geflüchtete als Menschen empfangen und eine Willkommenskultur leben? Nicht nichts: Das SEM hat eingewilligt, die Ausgangszeiten von 17 auf 20 Uhr zu verlängern. Die zahlreichen Kinder – unter ihnen auch viele unbegleitete Minderjährige – können untertags rüber ins Pfingstweidschulhaus. Und es gibt den Begegnungsraum. Er ist zwar nur von Mittwoch bis Freitag von 14 bis 17 Uhr für Begegnungen offen. Als Ort, in dem die Securitas und des SEM nur ganz wenig zu sagen haben, hat er aber einen hohen Wert.
Genug ist das nicht. Viele der 72’000, die im Herbst 2017 Ja gestimmt haben zum Bau des Bundesasylzentrums, werden sich grün und blau ärgern. Das BAZ wurde vom Zürcher Stimmvolk als Prototyp eines menschenwürdigen Empfangszentrums gutgeheissen. Doch davon ist heute nichts zu spüren.
Sollen wir jetzt einfach zusehen, wie Menschen nach ihrer Flucht drangsaliert werden? Zusehen, wie viele Zürcherinnen und Zürcher, die am 24. September 2017 Ja gesagt haben zum Bau des Duttweilerzentrum, sich wieder einmal das Ihre denken über Politik im rotgrünen Zürich?
Nein, für uns geht das nicht. Wir haben den Stadtrat schon vor einer Woche aufgefordert, sofort zu handeln. Als unserer Fraktion am letzten Samstag einen Augenschein im BAZ genommen hat, war mit Händen zu greifen, dass nichts passiert ist.
Wir sagen dem Stadtrat heute ein zweites Mal, dass es Zeit ist, zu handeln. Nicht mit Pfläschterli. Sondern mit einer klaren Message nach Bern. Ein BAZ, in dem Geflüchtete wie Diebe behandelt werden, hat in Zürich keinen Platz.