Unruhe bewahren Nr. 4: Niggi Scherr: Wirksam AL wählen – kleines Wahl-Einmaleins (PDF)
Immer wieder bin ich erstaunt, dass auch politisch erfahrene Leute sich Illusionen darüber hingeben, was sie mit ihrer konkreten Stimmabgabe bewirken oder eben auch nicht. An den beiden letzten Freitagen habe ich mit den AL-Spitzenkandidatinnen Manuela Schiller und Rahel El-Maawi auf dem Markt Wahlflyer verteilt. Mit viel positivem Echo. «Ich wähle euch», «Ich habe dich gewählt» oder «Ich habe die AL auf meiner Liste berücksichtigt» bekamen wir oft zu hören. Zwar haben etliche von ihnen vielleicht bloss Manuela, Rahel oder andere AL-Kandidat*innen auf einer Liste von SP oder Grünen hinzugefügt («panaschiert»), sind aber überzeugt, damit einen wirkungsvollen Beitrag zum ersten Nationalratssitz der AL geleistet zu haben. Sie täuschen sich.
Es sind die Parteistimmen, stupid!
Natürlich ist es schmeichelhaft, wenn man als Kandidatin oder Kandidat persönliche Sympathiestimmen auf anderen Listen erhält. Aber: ausschlaggebend für die Sitzzuteilung sind die Parteistimmen. Im Kanton Zürich kann jede Wählerin und jeder Wähler 35 Parteistimmen abgeben, da 35 Mandate zu vergeben sind. Damit die AL zu einem Nationalratssitz kommt, braucht sie rund 11’000 Wählerinnen und Wähler oder 385’000 Parteistimmen.
Leere Linien zählen für die Partei
Wer die AL optimal unterstützen will, legt die AL-Liste 25 unverändert ein. Damit erhält die AL alle 35 möglichen Parteistimmen. Auch wenn du einzelne AL-Kandidat*innen auf der Liste 25 doppelt aufführst («kumulierst») und dafür andere streichst, verändert das nur die interne Reihenfolge und es gehen immer noch alle 35 möglichen Parteistimmen an die AL. Das Gleiche gilt, wenn du einzelne Kandidat*innen auf der AL-Liste streichst, ohne andere aufzuführen, denn auch leere Linien zählen für die Partei, die im Listenkopf aufgeführt ist.
Eiserne Regel: Beim «Panaschieren» immer AL Liste 25 nehmen!
Natürlich weiss ich, dass heute immer mehr Menschen nicht einfach eine Parteiliste einwerfen, sondern diese individuell abändern und mit Kandidierenden aus anderen Listen ergänzen. Matchentscheidend ist dabei jedoch, welche Liste du als Ausgangspunkt nimmst. Das macht einen Riesenunterschied:
- Nimmst du die AL-Liste 25, streichst fünf AL-Kandidat*innen und fügst an ihrer Stelle drei Grüne und zwei SP-ler*innen ein («panaschieren»), gibst du der AL immer noch das Gros deiner Stimmen: Die AL erhält nämlich 30 von 35 möglichen Parteistimmen (86%), die Grünen 3 und die SP 2.
- Total anders ist das Ergebnis, wenn du eine andere Liste (z.B. Grüne oder SP) nimmst und darauf z.B. die fünf AL-Spitzenkandidatinnen aufführst («panaschierst»): Die AL erhält bloss 5 von 35 möglichen Parteistimmen (14%), die andere Liste dagegen 30 (86%).
Klares Fazit: Panaschieren einzelner AL-Kandidat*innen auf anderen Listen bringt nur wenig. Wenn du eine gemischte Liste zusammenstellst, immer die AL-Liste als Basis nehmen!
Mit der freien Liste wirksam AL wählen
Im Gegensatz zu den kommunalen und kantonalen Wahlen gibt es bei der Nationalratswahl noch eine leere Liste zum handschriftlichen Ausfüllen (zuhinterst im Wahlzettel-Päckli). Sie ist der Favorit von Wählerinnen und Wählern, die gern linksgrün à la carte wählen und oft nur wenigen Kandidat*innen die Stimme geben. Auch hier gelten die gleichen Spielregeln. Mit jedem/jeder AL-Kandidat/-in auf der freien Liste bekommt die AL 1 Parteistimme. Leere Linien fallen keiner Partei zu – ausser es wird im Listenkopf von Hand eine Parteibezeichnung hinzugefügt. Wer also eine gemischte Liste zusammenstellt: Immer im Kopf Liste 25 AL – Alternative Liste ergänzen, dann zählen auch bei der freien Liste die leergelassenen Linien für die AL!
Dank grosser Listenverbindung gehen keine Stimmen verloren
Noch ein Hinweis an alle, die zögern, die AL-Liste einzulegen, weil sie befürchten, eine Stimme für die Liste 25 könnte eine verlorene Stimme sein. Dazu besteht absolut kein Anlass. Die AL hat eine Listenverbindung mit SP, Grünen, PdA, Piratenpartei und Die Guten abgeschlossen. Das bedeutet, dass für die Sitzverteilung alle Stimmen dieser sechs Parteien zusammengerechnet werden. Damit bildet Linksgrün den grössten Wähler*innen-Block und kann gegenüber dem Tandem SVP/EDU bei der Verteilung der Restmandate punkten. Innerhalb der linksgrünen Verbindung haben AL und PdA unter dem gemeinsamen Dachnamen «Linke Alternative» zusätzlich eine sogenannte Unterlistenverbindung abgeschlossen. Damit werden die Stimmen dieser beiden Parteien gebündelt und zählen als gemeinsamer Block gegenüber den übrigen linksgrünen Listen.
Wenn es für die AL zu einem Sitz reicht, freut uns das riesig. Sollte es wider Erwarten nicht klappen, kommen die überschüssigen AL-Stimmen den Grünen oder der SP zugute und verhelfen diesen zu einem Sitzgewinn. So oder so: Wer am 20. Oktober AL Liste 25 wählt, trägt auf jedem Fall zu einer neuen Mehrheit in Bern bei.
Unruhe bewahren Nr. 4: Niggi Scherr: Wirksam AL wählen – kleines Wahl-Einmaleins (PDF)