Wir leben in spannenden Zeiten. Es gibt viele Veränderungen. Ich kann mich nicht erinnern, welches Ereignis in den letzten Jahrzehnten innert so kurzer Zeit zu so vielen Veränderungen im Denken der Menschen geführt hat wie der Klimawandel. Vieles, was vor kurzem noch als undenkbar galt, ist heute Mainstream.
Das zeigt auch ein Vorstoss der FDP, der eine Beschleunigung des öffentlichen Verkehrs verlangt – wohlgemerkt nicht des motorisierten Individualverkehrs, wie wir das bisher von FDP gewohnt sind.
Ich befürworte diesen Vorstoss und unterstütze ihn.
Die Frage ist: Wie erreichen wir das Ziel, den öffentlichen Verkehr zu beschleunigen? Stichworte sind: Bevorzugung an Lichtsignalen, mehr Kurse, neue Linien, mehr eigene Trassees und mehr Spuren.
Die meisten dieser Massnahmen benötigen in erster Linie eins: mehr Platz.
Um diesen Platz zu schaffen, brauchen wir einen Paradigmenwechsel. Wir müssen die Stadt neu anschauen. Das Paradigma der autogerechten Stadt hat ausgedient. Das haben wir jetzt 70 oder 80 Jahre lang getan. In der Stadt wurde alles so gebaut, dass es dem Autoverkehr diente. Fussgängerinnen und Fussgänger wurden aufs Trottoir gedrängt und die Velos ganz von den Strassen vertrieben.
Jetzt bläst aber ein anderer Wind.
Die alten Ansichten müssen erneuert werden.
Wir müssen die gleiche Stadt aus einer anderen Perspektive anschauen, durch eine neue Brille. Sie alle kennen Vexier- oder Kippbilder, auf denen – je nach Blickwinkel – ein anderes Motiv erscheint. Je nach Perspektive sieht man einen Hasen oder eine Ente, bei andern Bildern sieht man im Weissen Fische, im Schwarzen dagegen Vögel. Wenn wir das nun auf das Thema Klima und Verkehr übertragen, dann ist es ein und dieselbe Stadt, aber wir sehen nicht mehr zuerst Autos, sondern wir sehen zuerst den öffentlichen Verkehr, die Fussgängerinnen und Fussgänger und das Velo. Dabei ist es immer noch dieselbe Stadt.
Wenn wir die Stadt mit Blick auf das Klima neu anschauen, dann müssen wir nur schon deshalb die ökologischen Verkehrsmittel fördern. Dazu kommt, dass unsere Stadt laufend wächst. Es gibt mehr Menschen, die hier leben, mehr Menschen, die hier arbeiten und auch mehr Menschen, die unsere Stadt besuchen. Wir müssen also immer mehr Menschen auf der gleich grossen Fläche transportieren.
Das bedeutet, dass wir den öffentlichen Raum neu verteilen müssen. Den Raum also, der uns allen gehört. Die Frage ist nun, woher nehmen wir diesen Raum? Wir verschmälern keine Trottoirs. Wir entfernen auch keine Tramgleise oder Velowege. Wo wir ansetzen können, sind Fahrbahnflächen und Parkplätze. Dort hat es Platz für den öffentlichen Verkehr, für die Velos, für die Fussgängerinnen und Fussgänger. Und es hat auch Platz für Bäume, für Boulevardcafés und für den Güterumschlag.
Auf dieses Bild müssen wir uns konzentrieren. Das ist das, was wir in Zukunft brauchen und was uns eine Zukunft ermöglicht.
Wir müssen die Stadt neu anschauen. Zusammen mit den verschiedenen Interessengruppen und mit dem Kanton. Wir müssen den ÖV ausbauen. Wir müssen die Fusswege ausbauen und die Aufenthaltsqualität erhöhen. Wir müssen das Velowegnetz ausbauen und sicherer machen. Wir müssen die Quartierzentren attraktiv und sicher gestalten. Wir müssen die Plätze begrünen und wir müssen den Boden wo immer möglich entsiegeln und wasserdurchlässig machen.
Zusammengefasst: wir müssen die Stadt neu gestalten und klimafit machen für die Zukunft.
Die Chance, dass uns das gelingt, ist gut.
Wir haben die Ressourcen. Wir haben das Knowhow. Wir wissen, was zu tun ist, und wir haben den Willen dazu – der Vorstoss der FDP zeigt das.