Es handelt sich hier um eine finanzpolitische und nicht um eine sozialpolitische Vorlage. Es bekommt niemand einen Rappen mehr oder weniger Ergänzungsleistungen. Die Sozialausgaben werden durch die Kantone und Gemeinden finanziert. Wie die Kosten zwischen Kanton und Gemeinden aufgeteilt werden und ob es zwischen den Gemeinden einen Lastenausgleich gibt, bestimmt jeder Kanton, also auch wir, auf seine Weise.
Aus unserer Sicht wäre ein kantonales Finanzierungsmodell der Ergänzungsleistungen das Richtige, eine Garantie für Gleichbehandlung der Bürgerinnen und Bürger in gleicher Situation im Kanton, ungeachtet der Wohngemeinde. Das ist aber für Zürich eine Illusion, denn der Kanton hat kein Geld. Er hat sich in Steuergeschenken an grosse Unternehmen und Aktionäre verausgabt. Für den sozialen Ausgleich wie zum Beispiel für Familienkompensationen wie in anderen Kantonen fehlt nun das Geld.
Dieser Politik des Steuersenkens, des nachfolgenden Sparens und des Druckes
auf Normalsterbliche und Geringverdienende ist die AL konsequent entgegen getreten. Genau das werden wir auch weiterhin tun.
Sparpakete drohen erneut: Das Kantonsbudget wurde uns zwei Tage nach der Abstimmung vom 1.9.19 am vergangenen Dienstag präsentiert. Es zeichnet sich ein Defizit von 1 Milliarde Franken ab. Die Zürcher Finanzen bieten keinen Handlungsspielraum für Steuersenkungen. Weder für die SV17 noch für eine weiterführende Reduktion der Unternehmenssteuern.
Vor dieser Frage stehen wir heute: Wie soll der Kanton mit einer leeren Kasse für die Gemeinden Gutes tun und den – mit Ausnahme der SVP – unbestritten nötigen Ausgleich zwischen den Gemeinden herbeiführen?
Dazu drei Bemerkungen:
- Die Regierung ist willens 200 Millionen an die Gemeinden zwecks Ausgleichs zu verteilen, dies obwohl sie diese Regelung zu Recht lieber in einem anderen Gesetz festgehalten hätte mit der Feststellung, dass ihr dazu das Geld nach der Abstimmung vom 1.9.19 fehlt. Die Senkung des Steuerfusses von 2% wurde von Regierungsrat Ernst Stocker abgeblasen – ein Eingeständnis und der Wegfall des Zückerli’s an die Schicht gutgestellter Privatpersonen.
- Der Kanton verschiebt mit dieser Vorlage 200 Millionen an die Gemeinden. Gemeinden mit höheren Ergänzungsleistungs-Ausgaben erhalten mehr, die anderen weniger – aber alle Gemeinden bekommen mehr Geld. Das ruft nach „einem Ausgleich des Ausgleichs“. Und dem Kanton fehlt das Geld.
- Nach getaner Kommissionsarbeit holt uns somit der Bazar ein, in etwa so: Ich gebe dir vier Franken und du gibst mir einen Franken zurück. Dann gebe ich dir 3.50 und daran beteiligen wir uns mit einer Kostenbeteiligung von X und X – um zu verhindern, dass die Grossen zuviel bekommen, oder doch lieber umgekehrt mit X und X – um zu verhindern, dass die Kleinen kaum etwas bekommen.
Das ist ein absurdes Theater, herbeigeführt durch die bürgerliche Steuersenkungspolitik.
Der Ausfall für den Kanton beträgt 200 Millionen. Das entspricht 3 Steuerprozenten. Sparen an Klimavorsorge und Kultur, an Bildung und Sozialem – das kommt von uns aus nicht in Frage!
Obwohl wir das feststellen, ist aus unserer Sicht der AL das Ringen um eine Lösung für einen Lastenausgleich zwischen den Gemeinden richtig und wichtig, und ist etwas, wofür die Alternative Liste schon seit je her einsteht.
Alles, was den Druck auf die Sozialausgaben lindert, ist der AL wichtig.
Denn es gibt in unserem Land kein Recht auf Wohnen, kein Recht auf Arbeit; die Krankenkassen übernehmen viele Kosten nicht, Zahnarzt-, Kita und Wohnkosten drücken die Leute. Weniger Menschen können für ihr Alter sparen, invalide oder nicht 100% leistungsfähige Menschen kommen schwer zu Arbeitsstellen. Wundert sich jemand hier drin, dass die Sozialkosten steigen?
Das hat nichts mit Hängematten und Ansprüchen und Fehlanreizen zu tun, liebe SVP. In Eurem Konzept steckt der Wurm.
Auf die Zusatzleistungen zur IV/AHV besteht ein vom Bund gesicherter Rechtsanspruch. Wird dieser realisiert, soll das von vornherein nicht unter dem unwürdigen Begriff “Soziallasten” abgehandelt und ständigem Druck ausgesetzt werden.
Ich finde es diskriminierend und respektlos, dass IV/AHV-Zusatzleistungen als “Soziallasten” bezeichnet werden. Der Begriff trifft diejenigen, die auf Zusatz-Leistungen angewiesen sind. Menschen und menschliche Schicksale wie Krankheit, Unfälle, Alter, Mutterschaft usw. sind keine “Soziallasten”.
Die einzige Frage, die mich hier und hoffentlich Sie alle hier drin interessiert, lautet so: wie kommen die IV-Bezüger*innen (und AHV-Rentner*innen) einfach, ohne Schikanen und im ganzen Kanton einheitlich zu ihrem Recht und ihrem Geld.
Der Druck auf die IV-Bezüger*innen ist enorm gestiegen. Die Neubegutachtungen stellen für sehr viele der Betroffenen eine unmenschliche Belastung dar. Die von der SVP vor vielen Jahren angezettelte unsägliche Schein-Invaliden-Debatte zeitigte schlimme Folgen: Viel Geld der IV wurde von den Rentner*innen zu den Gutachtern – die männliche Form ist absichtlich gewählt – umverteilt.
Auf die Bezügerinnen der Ergänzungsleistung zur AHV-Rente ist der Druck auch gewachsen – allein durch die explodierenden Mietkosten und den Umstand, dass eine erhebliche und wachsende Zahl von Geringverdienenden gar nirgends fest angestellt ist und sich mit wechselnden Arbeitsverhältnissen begnügen muss.
So wichtig der Ausgleich ist und er im Detail gestaltet ist – es ist Schadensbegrenzung.
Der AL ist die Prävention wichtig: Keine Steuersenkungen mehr.
Als Folgen von Steuersenkungen tauchen unweigerlich Finanz-Engpässe auf – sie mögen sich gleichzeitig oder versetzt bei den Gemeinden oder beim Kanton zeigen –, herauslaufen tun sie letztlich immer auf dasselbe: Druck auf die Menschen erzeugen und zwar auf solche, die es schwer haben und die keine Lobby haben, die durch Krankheit oder Unfälle in der IV gelandet sind und die berechtigt sind, Zusatzleistungen zu erhalten oder nach einem langen Leben in bescheidenen Arbeitsverhältnissen und ohne oder tiefe BVK-Renten eben eine Ergänzungsleistung zur AHV brauchen, um über die Runden zu kommen.
Die Frage aber, um die es allein geht, ist, wie man diesem Rechtsanspruch am besten nachkommt und nicht wie und zu welchem Prozentsatz man das leere Portemonnaie zwischen Gemeinden und Kanton hin und her schiebt.
Mit einem Wort: das Thema darf nicht unter dem Obertitel “Druck erzeugen” und “Sparabsichten” gestellt und diskutiert werden.
Wir alle wissen, wie schwer es Menschen an ihren Arbeitsplätzen haben, wenn sie nicht 100% leistungsfähig sind. Die Wirtschaft ist stark dafür verantwortlich, dass die Sozialausgaben steigen.
Ein Wirtschaftszweig, die Versicherungsbranche, sorgt mit ihren Anwaltsabteilungen für das Abwimmeln von Unfallopfern. Diese Branche verwehrt erfolgreich vielen Unfallopfern Renten und Leistungen. In der Folge fallen diese um ihre Privatversicherungsleistungen Geprellten in die IV und möglicherweise als Berechtigte für Zusatzleistungen zur IV auch unter das Gesetz, das wir hier und jetzt beraten.
Die Alternative Liste gibt dem Kommissionsantrag den Vorzug.
Die Verknüpfung mit der Steuervorlage lehnen wir ab.
Wir behalten uns jedoch unser Abstimmungsverhalten für die Schlussabstimmung vor.
Bei einer jährlichen Mehrbelastung von 200 Millionen muss die Regierung sagen, woher dieses Geld kommen soll.
Richtig wäre eine Steuererhöhung von mindestens 2 Prozent (1 Prozent = 70 Millionen
Mehreinnahmen). Wenn sich die befürwortende Mitte öffentlich dazu verpflichten kann, können wir der Vorlage in der zweiten Lesung auch ohne Schwierigkeiten zustimmen.