Vorletzte Woche hat der Gemeinderat die Rechnung 2018 der Stadt Zürich mit allen Stimmen ausser derjenigen der SVP-Fraktion angenommen. Die Rechnung weist einen Ertragsüberschuss von 108 Millionen Franken aus, budgetiert war noch ein Minus von 7 Millionen. Das Eigenkapital erhöht sich damit auf 1,28 Milliarden Franken. Wären die Flughafen-Aktien nicht in einer aktuellen Baisse bewertet worden, wäre das Resultat nochmals deutlich besser ausgefallen. So ist es weder verwunderlich noch unstatthaft, im Hinblick auf das Budget 2020 über die Höhe des Steuerfusses nachzudenken.
Einen wesentlichen Einfluss auf die Steuererträge der nächsten Jahre wird allerdings eine kantonale Abstimmung haben. Am 1. September stimmen wir bekanntlich über die Steuervorlage 17 ab, eine direkte Umsetzungsvorlage der nationalen STAF-Vorlage, welche das Volk dieses Frühjahr gutgeheissen hatte. Die noch in der alten Zusammensetzung des Kantonsrates verabschiedete Steuervorlage 17 hat es in sich. Zum einen schafft sie im Baukastensystem neue Steuerregeln. Welche Auswirkungen diese neuen Regeln zur Verhinderung von Abwanderungen auf das Steuerergebnis haben werden, ist schwer einzuschätzen. Prognosen des Steueramts für die Nettoverluste dürfen deshalb nicht kommuniziert werden. In zwei Schritten senkt die Reform zum anderen die Unternehmenssteuern um 25 Prozent. Für die Stadt Zürich würde dies zu Einnahmeausfällen von je 100 Millionen Franken führen. Gehen wir bei einem Steuerfussprozent von natürlichen Personen von ca. 17 Millionen Steuereinnahmen aus, bedeutet allein der Ausfall von 100 Millionen Franken ein Steueräquivalent in der Stadt Zürich von ca. 6 Steuerfussprozentpunkten.
Ich habe der FDP im Gemeinderat einen Deal vorgeschlagen: Bringt die FDP die bürgerliche Seite im Kantonsrat dazu, die Unternehmenssteuern um einen fairen Prozentanteil zu senken, wäre die AL bereit, den Steuerfuss der natürlichen Personen in der Stadt Zürich
entsprechend zu senken. Beantwortet hat die FDP meinen Vorschlag mit philosophischen und wenig stichhaltigen Bemerkungen zur Dialektik von natürlichen und juristischen Personen und der Behauptung, dass hinter jeder juristischen Person (also Firmen von der kleinen 1-Frau-Bude bis zum Weltkonzern) auch natürliche Personen stünden. Die Hoffnung ist also gering, dass es der bürgerlichen Seite bei den Steuern einmal wirklich um die «kleinen Leute» gehen wird. Solange die Unternehmen allerdings die Steuerreformgewinner und wir deren Verlierer sind, wäre eine Senkung des Steuerfusses für die natürlichen Personen dieser Stadt ein schlechtes Geschäft. Sinkt nämlich der Steuerertrag als Ganzes, wird der Ausbau der Leistungen mit der wachsenden Stadt nicht mehr mithalten, und alle, deren Portemonnaie kein Ausweichen auf privat finanzierte Leistungen erlaubt, schauen in die Röhre.
Aber noch haben Sie es in der Hand bzw. das erste Wort: Lehnen Sie die ungerechte kantonale Steuervorlage am 1. September ab und machen den Weg frei für eine sozial verträgliche Unternehmenssteuerreform, liegt damit aus Sicht der AL eine moderate Senkung des Steuerfusses in der Stadt Zürich drin.
Andreas Kirstein
Der Artikel im Zürich Nord, Nr. 27, auf Seite 5 PDF