Wenn dereinst die Gleichstellung der Geschlechter in der Schweiz selbstverständlich ist, und mit ihr das Einhalten von Quoten, die die gerechten Frauen- und Männeranteile in allen Entscheidungsgremien garantieren, dann werden eben diese Quoten für Nachhaltigkeit und Konstanz sorgen. Dann wird es auch genügend Frauen geben, die wollen, die nicht zögern, die es sich zutrauen. Damit Politikerinnen von morgen in repräsentativer Zahl und in aller Selbstverständlichkeit auftreten, müssen die Parteien von heute Frauen fördern.
Mehr Frauen ins Parlament
Wo immer möglich platziert die AL für die Kantonsratswahlen 2019 Frauen an der Spitze und auf aussichtsreichen Nachfolgeplätzen. Wir gehen von zwei zusätzlichen Sitzgewinnen in der Stadt Zürich aus. Mindestens einer dieser Sitze soll an eine Frau gehen. Grundsätzlich auch beide, wenn sich bereitwillige Kandidatinnen finden lassen. Immerhin stehen Frauen aus der Stadt Zürich auf zwei Nachrückpositionen. So können sie sich auf ein Mandat im Parlament in spätestens vier Jahren vorbereiten. Zusätzlich wird die AL im Kreis 7/8 mit einer Frauenliste zur Wahl antreten. Wir meinen es ernst mit der Frauenvertretung in politischen Gremien. Parteiintern versprechen wir uns davon ausserdem eine Stärkung der Zusammenarbeit der Frauen und dass die AL für junge Frauen, die sich politisch engagieren möchten, attraktiver wird.
Auch aus diesem Grunde haben wir nun (endlich!) die Gruppe Frauen* ins Leben gerufen. Hier setzen wir uns mit Themen aus linker und emanzipatorisch-feministischer Frauen*sicht auseinander und entwickeln für unsere Anliegen und Forderungen eine differenzierte Stimme.
Mehr Nachdruck entwickeln
Verschiedenen Forderungen gilt es Nachdruck zu verleihen: der Durchsetzung der Lohngleichheit, besseren Löhnen und Arbeitsbedingungen in der Carearbeit, der Entkriminalisierung und Entstigmatisierung der weiblichen Sexarbeit, der Aufhebung der Geschlechterbezeichnung in amtlichen Dokumenten und natürlich auch der verstärkten Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Hier braucht es neue radikalere Ansätze, die es erlauben, die herkömmlichen Strukturen zu ändern. Gleichstellungsforderungen sind oftmals im Spannungsfeld von Theorie (alle sind für Gleichberechtigung) und Praxis (verharren in traditionellen Rollenmustern) gefangen. Die Forderung nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf geht über die blosse Vereinbarkeit von Berufs- und Familienarbeit hinaus, es geht auch um die Vereinbarkeit mit den eigenen Vorstellungen von Erfolg, Status, Erwartungen, Tradition, Unabhängigkeit. Fragen, die letztlich jede und jeder mit sich selber klären muss. Will ich, wollen wir?
Die soziale Frage in allem
Das Thema Gleichstellung ist eng an die soziale Frage geknüpft und kann und darf nicht von ihr losgelöst betrachtet werden. Zum Beispiel ist Teilzeitarbeit für zwei Partner im familiären Kontext nach wie vor ein Privileg. Zwei gute halbe Löhne ergeben immer noch einen viel besseren Lohn als ein tiefer und ein noch tieferer. Deshalb geht es nicht nur ums Wollen, sondern auch ums Können. Können wir uns Teilzeitarbeit leisten, um Familien- und Berufsarbeit gerecht zu teilen, um sich um pflegebedürftige Angehörige zu kümmern, Politik zu betreiben oder sich ehrenamtlich zu engagieren? Hier braucht es eine Diskussion der verschiedenen Modelle und Möglichkeiten, wie die Struktur der heutigen Arbeitsteilung für die Sozialverträglichkeit durchbrochen werden kann. Dazu gehören die 30-Stunden-Woche, das Thema des Elternurlaubs, der Care-Time-Ferien oder der Kinderbetreuung, aber auch die Quotenfrage oder das Grundeinkommen. Überhaupt muss die Frage nach dem Wert der Arbeit erneut und immer wieder gründlich diskutiert werden.
Wer von uns Frauen* steht wo und wofür stehen wir gemeinsam ein? Wo sind die Spannungsfelder und die Widersprüche? Diese Fragen sollen Teil des dringend nötigen Diskurses sein, den wir in der Gruppe Frauen* führen wollen und der durch deine Stimme reichhaltiger und differenzierter wird. In diesem Sinne sind diese Zeilen auch ein Appell, dich bei uns zu melden. Dass explizit Thema wird, was implizit doch für alle selbstverständlich ist. Oder nicht?
Dayana Mordasini