Ende März wird die Stiftung Alterswohnungen der Stadt Zürich (SAW) an der Seebahnstrasse die neue Siedlung Erikastrasse eröffnen. Die SAW-Wohnungen sind preisgünstig. Für Mieter/-innen mit einem steuerbaren Einkommen bis 68‘800 Franken werden sie mit zinslosen Darlehen vergünstigt.
Die SAW-Wohnungen sind damit das pure Gegenteil privater Angebote für Wohnen im Alter. Marktführerin in diesem Bereich ist die der Swiss Prime Site (SPS) gehörende Tertianum. Rund um Zürich zieht sie Projekte hoch. Zum Beispiel am Rietpark in Schlieren. Dort kostet die 60 Quadratmeter grosse 2,5-Zimmerwohnung 2600 Franken, für Paare 2950 Franken.
Kein Wunder, dass bei der Stiftung Alterswohnungen die Wartelisten lang sind. Das fehlende Wachstum hat die Lage verschärft. Um die Jahrtausendwende verfügte die SAW über 1940 Wohnungen. Bis 2017 kamen ganze 71 Wohnungen dazu. Da in dieser Zeit viele Siedlungen saniert worden sind, war die Zahl der SAW-Mieter/-innen sogar rückläufig.
In einer stürmisch wachsenden Stadt ist das fatal. Im Grossraum Zürich ist seit der Jahrtausendwende jede zehnte Wohnung abgebrochen worden. In mindestens ebenso vielen Wohnungen haben Mieter/-innen wegen Aufwertungsmassnahmen die Kündigung erhalten. Abgerissen und leergekündigt worden sind ältere Häuser, von Kündigungen betroffen überdurchschnittlich viele ältere Personen.
Alte Menschen trifft die Wohnungskündigung besonders hart. Nicht nur, weil sich mit der Pensionierung der Lebensradius verkleinert und das verfügbare Einkommen sinkt. Im Alter wird die Wohnungssuche schwierig, weil Senior/-innen bei Immobilienverwaltungen als „Risikogruppe“ gelten. Viele Bewirtschafter legen ihrer Bewerbungen schon in der ersten Runde zur Seite. Für ältere Stadtzürcher/-innen ist die Suche nach zahlbarem Wohnraum die reinste Sisyphusarbeit.
Deshalb erstaunt es auch nicht, dass sich das Verhältnis zwischen 20- bis 64jährigen und über 64-jährigen seit der Jahrtausendwende massiv verändert hat. In der Stadt Zürich ist der Anteil der älteren Personen von 31 auf 23 Prozent gesunken. In den umliegenden Gebieten ist das Gegenteil der Fall – selbst im Furttal ist der Anteil der Pensionierten heute grösser als in der Stadt Zürich.
Treiber dieser von der Bevölkerung sicher nicht gewollten Umschichtung sind die institutionellen Anleger – Fonds, Rentenanstalten und Pensionskassen. In der Verantwortung steht jedoch auch die Stadt. Das trifft besonders auf den Stadtrat zu, der in seiner Wohnstrategie vollmundig verkündet, dass die Stadt Zürich „auch in der aktuellen Wachstumsphase eine attraktive Wohnstadt für alle Bevölkerungsschichten und Altersgruppen“ bleiben müsse.
Wer das sagt, muss beim Wohnungsbau neben jungen Familien auch die dritte und vierte Generation im Auge haben. Das heisst unter anderem, dass der Stiftung Alterswohnungen Land und Mittel in die Hand gegeben werden, um ihr Angebot massiv auszuweiten.
Gefordert sind aber auch die Stadtplaner. Sie müssen private Investoren verpflichten, Wohnraum für ältere Personen zu erhalten und zu schaffen. Das gilt insbesondere für Arealüberbauungen, die Grundeigentümern bis zu 30 Prozent Mehrausnutzung ermöglichen, für die die Stadt im Moment aber nur ästhetische Vorgaben macht.
Walter Angst, Gemeinderat AL, Regierungsratskandidat
Forum der Parteien im Tagblatt der Stadt Zürich vom 20. Februar 2019