Bei den Gemeinderatswahlen im April 2018 konnte die alternative wetzikon (aw) ihren Stimmenanteil von 3.41% auf 5.45% steigern und einen Sitz dazugewinnen. Bei den Stadtratswahlen erhielt aw-Gemeinderätin Bigi Obrist 1774 Stimmen, 38 Prozent der Wähler*innen schrieben ihren Namen auf den Wahlzettel. Jetzt zieht sie fürs AL Info Bilanz.
Das AL-Info hat mich um einen Rückblick auf die Wetziker Wahlen 2018 gebeten. Angesichts des Erfolgs, den die aw einfahren durfte, fällt mir das leicht.
Ich muss vorausschicken, dass Wetzikon ein sehr bürgerliches Pflaster ist. Selbst die EVP bewegt sich deutlich rechts der Mitte. Die FDP war jahrzehntelang die mächtigste Partei in Wetzikon. Mit der Einführung des Parlamentes 2014 wurde deren Macht zwar geschwächt, aber ihr neoliberales Gesicht hat sich nicht geändert. Mit SVP, EVP, CVP, EDU, BDP hat sie meist willige Partner. Die bürgerlichen Fraktionen haben zwei Drittel der Sitze inne, zur linken Ratsseite muss in Wetzikon sogar die glp gezählt werden.
In diesem Umfeld also politisiert die aw. Diese Machtverhältnisse befreien aber auch. Statt sich minderheitig zu fühlen und zu taktieren – ja, sich gar anzubiedern – erreichen wir mit unserer gradlinigen Haltung durchaus Aufmerksamkeit und Respekt. Meine Präsenz im Parlament mit meinen fundierten und oft auch gegenüber Links eigenständigen Voten hat mir bereits in den vier Jahren Parlamentsarbeit viel Medienpräsenz beschert. Das führt bei der besagten bürgerlichen Mehrheit zwar nicht zu besseren Abstimmungsergebnissen im Parlament, aber man hört mir zu, insbesondere auch in den Kommissionen. Insgesamt erhielt ich auch von bürgerlicher Seite immer wieder mal Support – oft heimlich.
Gute mediale Resonanz
Wir haben einen für unsere Verhältnisse grossen Wahlkampf geführt, und haben sehr viel Zeit, Geld und Energie reingesteckt. Dabei haben wir uns auf allen Ebenen an den Grenzen des persönlich und finanziell Machbaren bewegt. Interessanterweise konnten wir einen guten Support des Zürcher Oberländers und von TeleTop verzeichnen. Diese haben einige unserer Impulse und Ideen während des Wahlkampfs aufgenommen; so hat der ZO den Vorschlag einer Durchdringung des trennenden Bahndamms sehr prominent platziert.
Weil wir nicht in kantonale Designs eingebunden sind, konnten wir auch eine unabhängige Plakatkampagne führen, welche viel positives Echo ausgelöst hat. Dass ich neben der Kandidatur für das Parlament gleichzeitig auch für den Stadtrat und das Stadtpräsidium kandidierte, sorgte für wichtige Plattformen.
Unser grösstes Potential ist unsere Authentizität. Ich stehe für Minderheiten hin, habe klare strukturelle Vorstellungen und beziehe deutlich Stellung, wenn es um die Kultur und die Stadtentwicklung geht. Und ich kann diese Positionen hinüberbringen, ohne zu schwadronieren oder zu taktieren.
Unabhängig von Rot-Grün positioniert
Die aw hatte aus Gründen der Unabhängigkeit und um unsere Authentizität zu unterstreichen auch entschieden, nicht mit Grün und Rot auf einem gemeinsamen Wahlplakat aufzutreten. Damit haben wir die SP und die Grünen wohl vor den Kopf gestossen, was sich mit unserem Rauswurf aus der SP-aw-Fraktion im Anschluss an die Wahlen bestätigt hat.
Ich denke, dass aber genau diese unabhängige Positionierung der aw mit ihrem eigenständigen Profil dazu geführt hat, dass überraschend oft unsere komplette Liste eingelegt wurde, und ich gleichzeitig so viele Fremdstimmen erhielt, dass ich Panaschierkönigin wurde. Die aw bietet eine tatsächliche Alternative für alternativ denkende und lebende, kulturell engagierte Menschen, die sich von der SP und den Grünen nicht vertreten fühlen. Vielleicht auch, weil – zumindest in Wetzikon – bei beiden Parteien überwiegend VertreterInnen des besseren Mittelstandes die Partei darstellen und das vermittelte Lebensgefühl, im Gegensatz zu uns, nicht eben ein spannendes ist.
Jedenfalls haben wir im Parlament einen zweiten Sitz dazugewonnen. Wir haben die 5-Prozent-Marke geknackt, die CVP überrundet und einen grösseren Stimmenzuwachs als Grüne und SP erzielt, die beide keinen Sitzgewinn verzeichnen konnten. Und bei den Stadtratswahlen habe ich über Erwarten gut abgeschnitten: es fehlten nur gerade rund 100 Stimmen zum absoluten Mehr, welches auch der SP-Kandidat verfehlte, weshalb der einzige linke Sitz im siebenköpfigen Stadtrat erst im 2. Wahlgang gesichert werden konnte.
Bigi Obrist, alternative wetzikon, AL-Spitzenkandidatin Hinwil
Aus: AL-Info 18/04
8. Màrz: Frauenpodium zur Kulturförderung in der Kulti Wetzikon mit Bigi Obrist