Unterschriftenbogen für das Referendum
Leichte Retuschen gegenüber der USR III
Die krachende Niederlage der USR III im Februar 2017 ist an den bürgerlichen Akteuren nicht ganz spurlos vorbeigegangen. Die Neuauflage STAF 17 bringt gegenüber damals ein paar punktuelle Retuschen:
- Firmen erhalten maximal 70 Prozent Steuerrabatt auf ihren Gewinnen (USR III: 80 Prozent);
- Grossaktionäre müssen beim Bund ihre Dividenden zu 70 Prozent versteuern (USR III: 60 Prozent);
- Der Zinsabzug auf dem Eigenkapital («zinsbereinigte Gewinnsteuer») wird nur in Kantonen mit einem Mindeststeuersatz von 13.5 Prozent erlaubt («Lex Zürich», USR III: in Bund und Kantonen vorgesehen);
- Die mit der USR II 2008 eingeführte Möglichkeit der steuerfreien Ausschüttung von Dividenden aus Kapitaleinlagereserven wird teilweise eingeschränkt, allerdings nur für börsenkotierte Firmen; CH-Töchter von internationalen Multis – bei denen 90 Prozent aller Kapitaleinlagereserven gebunkert sind – können weiterhin steuerfrei Gewinne an ihre Mutterkonzerne ausschütten.
Alter Wein in neuen Schläuchen
Im Übrigen ist die Vorlage identisch mit der USR III. Die Steuerprivilegien der Grossaktionäre in den Kantonen werden nicht angetastet: sie müssen weiterhin nur mindestens die Hälfte der ausgeschütteten Unternehmensprofite versteuern. Die alten, von der OECD und der EU nicht mehr akzeptierten Steuerprivilegien (Holding, gemischte Gesellschaft) werden durch neue Steuerschlupflöcher ersetzt, die Patentbox und den 150-Prozent-Abzug für Forschungs- und Entwicklungsausgaben. Trotz Holding-Abschaffung können Konzerne dank dem unverändert geltenden Beteiligungsabzug weiterhin Riesengewinne ausländischer Tochtergesellschaften steuerfrei in die Schweiz transferieren und hier bunkern, unabhängig davon, ob diese andernorts versteuert worden sind oder nicht. Das gilt auch für Kapitalgewinne auf dem Verkauf von massgeblichen Beteiligungen. Damit bleibt die Schweiz weiterhin ein Gewinnsteuer-Reservat für Multis.
«Weiter so»-Strategie ist weder gerecht noch nachhaltig
Mit ihrem «Weiter so», der Fortführung alter und der Einführung neuer Steuerschlupflöcher, hält die STAF 17 an der fatalen Rolle der Schweiz als Schrittmacher im internationalen Firmensteuer-Dumping fest. Nach aussen entzieht die Schweiz nicht nur ihren Nachbarn, sondern vor allem Schwellen- und Drittweltländern, vor Ort erarbeitetes und dringend benötigtes Steuersubstrat. Diese Strategie befördert nicht nur weltweit die Ungleichheit, angesichts internationaler Entwicklungen – Bekämpfung schädlicher Steuerpraktiken, Offenlegung von Steuer-Rulings, Gewinnsteuer-Reporting nach Ländern – ist sie auch alles andere als nachhaltig.
Doping-Milliarde befeuert interkantonales Steuer-Dumping
Wie bei der USR III sollen die Kantone auch jetzt einen grösseren Teil der von ihnen veranlagten Bundessteuern – 21.2 statt wie heute 17 Prozent – einbehalten können. Mit dieser zusätzlichen Doping-Milliarde aus der Bundeskasse stachelt die STAF 17 den interkantonalen catch-as-catch-can um die tiefsten Unternehmenssteuern weiter an. Dank dem zugesicherten Manna aus Bern wollen alle Kantone ihre Firmensteuersätze massiv senken. Damit setzt die STAF 17 nach innen eine ruinöse Abwärtsspirale in Gang, bei der alle nur verlieren. Budgetkürzungen, vor allem im sozialen Bereich, sind absehbar, darunter leiden zuerst die Frauen, die vermehrt unbezahlte care-Arbeit leisten müssen.
Wiegt das AHV-Päckli alles auf?
Um den unappetitlichen Steuerdeal geniessbar zu machen, hat das Parlament ein AHV-Gutzli dazugepackt (höhere Lohnprozente, leicht höherer Bundesbeitrag, etwas mehr Mehrwertsteuer). Diese an sich willkommene Übergangsfinanzierung reicht für vier bis fünf Jahre, vermag aber die von bürgerlicher Seite ultimativ geforderte Rentenalter-Erhöhung nicht ein für alle Mal zu bannen, wie uns die Befürworter glaubhaft machen wollen. Angesichts ihrer begrenzten Reichweite macht sie den Rest nicht schmackhafter. Zudem wissen alle, die für gerechte Steuern kämpfen, eines mit Sicherheit: einmal gesenkte Firmensteuern können praktisch nie mehr angehoben werden, auch wenn es finanziell eng wird. Den mit der STAF 17 eingeleiteten «race to the bottom» müssen wir mit allen Mitteln stoppen!
(Aus AL-Info 18/05)
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