Selten klaffen Ziel und Mittel derart krass und offensichtlich auseinander, wie bei der Initiative „7 statt 9“. Den Zürcherinnen und Zürchern wird wahlweise versprochen, dass sie mit einem Ja am 23. September:
- eine effiziente Verwaltung erhalten,
- mehr Geld für die Bildung vorhanden sei,
- die Chancen der Digitalisierung besser genutzt werden könnten,
- die Stadt Zürich sich als fortschrittliche Arbeitgeberin profilieren könne.
Was die Zahl der Stadtratsmitglieder mit all dem zu tun haben soll, bleibt schleierhaft.
Neues Gemeindegesetz ändert Spielregeln
Die Befürworter vermeiden tunlichst, auf die grosse Zeitenwende hinzuweisen, die der Stadt Zürich nach der Annahme des totalrevidierten Gemeindegesetzes des Kantons Zürich bevorsteht:
- Künftig werden wir die Organisation nicht mehr wie bisher in der vom Volk zu genehmigenden Gemeindeordnung festlegen;
- Künftig wird der Stadtrat völllig frei die Organisation der Verwaltung bestimmen.
- Künftig wird der Stadtrat auch die Zuteilung der Verwaltungseinheiten auf die Stadtratsmitglieder mit einfachem Mehrheitsbeschluss festlegen können.
2022 wird der Stadtrat nicht mehr nur die Departemente neu verteilen, sondern auch das Portfolio der Departemente neu zusammenstellen können.
Initiative schafft eine Blackbox
Die Verwaltungsorganisation hat damit gar nichts mehr mit der Zahl der Stadtratsmit-glieder zu tun. Im Klartext heisst das: Stimmen wird am 23. September der Initiative 7 statt 9 zu, so öffnen wir eine grosse Blackbox. Und wir übergeben in Sachen Verwaltungsorganisation alle Macht dem Stadtrat. Die Möglichkeit, auf die Bremse zu treten – wie das bei früheren Diskussionen um die Reduktion der Zahl der Stadtratsmitglieder möglich war – wird nicht mehr existieren.
Verwaltung schrittweise und demokratisch den neuen Bedürfnissen anpassen
Unbestritten ist, dass die von der Bevölkerung definierten Ziele der Stadt Zürich – der Ausbau des gemeinnützigen Wohnraums, die Einführung der Tagesschulen, der Umbau der Verkehrsinfrastruktur, die Energiewende – Anpassungen an der Organisation der städtischen Verwaltung nötig machen. Zum Beispiel bei der Energieversorgung, wo die drei Energieversorgungsunternehmen der Stadt – ewz, Energie 360 Grad und Fernwärme – sinnvoll zusammengeführt werden müssen.
Wie die Organisation der städtischen Verwaltung angepasst werden soll, muss jedoch Teil einer demokratischen Debatte, wie das SP, Grüne und AL mit dem am 28. Februar 2018 eingereichten Antrag zur Vorlage eines Berichts zur Reorganisation der Verwaltung verlangen (GR 2018/78).
Die Reduktion der Stadtratssitze verhindert diese Debatte. Und sie stärkt jene Kräfte, die mit der Auslagerung und Privatisierung von ganzen Dienstabteilungen die demokratische Mitsprache und Kontrolle aushebeln und neue Märkte für die Profitwirtschaft erschliessen wollen.