Die Aargauer Zeitung schreibt am 15. Juni dazu:
Lokalpolitiker auf internationaler Mission
Schweizer Politiker reisen am Wahltag in die Türkei. Sie wollen damit die Bevölkerung ermutigen, trotz Ausnahmezustand zu wählen. Die Flüge sind gebucht. Die Zürcher Gemeinderäte Ezgi Akyol (31) und Muammer Kurtulmus (54) reisen in die Türkei. Sie werden dort am 24. Juni, dem Wahltag, in der kurdischen Provinz Mus im Osten des Landes sein. Dort werden sie Wahllokale besuchen und auf Unregelmässigkeiten achten.
Akyol (Alternative Liste) und Kurtulmus (Grüne) haben beide Wurzeln in der Türkei. Er stammt von dort und kam in den 1990er-Jahren in die Schweiz. Sie ist in Zürich geboren und besucht regelmässig ihre Mutter in Istanbul. Beide sind Teil einer Gruppe von Schweizer Politikern, die sich am Wahlsonntag in der Türkei befinden wird. Zu ihnen gehören auch der Berner Grossrat Hasim Sancar (Grüne) und Markus Heinzer, Vizepräsident des grünen Bündnis Bern. National bekannte Politiker schliessen sich ihnen allerdings nicht an.
Eingeladen wurden sie von der kleinen Linkspartei Halklar?n Demokratik Partisi (HDP), welche vor allem von Türken aus den Städten und Kurden gewählt wird. Vertreter der Partei, aber auch Vertreter der anderen Oppositionsparteien sprachen nach dem Verfassungsreferendum vom 16. April 2017 von Manipulationen, unter anderem weil ein Gericht Wahlzettel zuliess, die nicht den offiziellen Stempel trugen.
Feigenblatt oder Ermutigung?
Dass die Wahlen in der Türkei demokratischen Standards nicht genügen werden, ist schon vor dem Wahlsonntag klar. Jüngst kritisierten Beobachter des Europarats den Wahlkampf in der Türkei als weder fair noch frei. Journalisten und Politiker – unter ihnen der HDP-Kandidat Selahatin Demirtas – sitzen im Gefängnis. Zudem gilt in der Türkei seit dem gescheiterten Putsch vom Juli 2016 der Ausnahmezustand. Angesichts dieser Situation stellt sich die Frage, was Schweizer Beobachter ausrichten können, ohne als demokratisches Feigenblatt missbraucht zu werden. «Es geht darum, den Menschen Mut zu machen. Die kurdische Bevölkerung soll merken, dass die Welt nicht wegschaut», sagt AL-Gemeinderätin Akyol. Sie verweist darauf, dass viele Wähler etwa von der Präsenz des türkischen Militärs eingeschüchtert sind. Der Grüne Kurtulmus sagt: «Auch wenn wir uns keine Illusionen machen, dass durch unsere Reise die Wahlen wesentlich demokratischer werden, wollen wir doch nichts unversucht lassen. Für mich geht es auch um Solidarität mit der HDP.»
Die beiden Politiker gehören einem Komitee an, das sich für freundschaftliche Beziehungen zwischen Zürich und der Kurdenstadt Diyarbakir einsetzt. Die Reise bezahlen sie aus dem eigenen Sack. Auch den Flug.